Irascible Records / VÖ: 11. März 2022 / Mundart, Pop
stahlberger.ch
Text: Michael Bohli
Überraschen sollte es nicht, dass das neuste Album von Stahlberger für viel Begeisterung sorgt. Die Gruppe um Namensgeber Manuel Stahlberger weiss immer mit musikalischer Wandelbarkeit zu überzeugen, mit prägnant formulierten Texten und einer unverfälschten und eigenen Sicht auf die Schweiz. «Lüt uf Fotene» setzt fort, was die Mannen in den letzten Jahren fabriziert haben: Mundart-Pop mit Rock- und Experimental-Einschlag, leicht lakonisch und in den richtigen Momenten beeindruckend treffend gespielt.
Nach dem elektronisch angestrichenen «Dini zwei Wänd» sind die analogen Instrumente für «Lüt uf Fotene» wieder zentraler, weiterhin werden Kommentare zur Mittelschicht mit wunderbaren Wetter-Metaphern gemischt, scheinbar irrelevante Fakten des Alltags zu den entscheidenden Faktoren gemacht. Der Titelsong bringt die schelmisch-aufmerksame Stimmung von Stahlberger in die Platte, «Hei zu dir» lässt an Sonne und Urlaub denken. Ausladend und zweifelnd «Gar nöd i», die Existenz wird mit flirrenden Synthies und Dub-Rhythmus von der Sicherheit entfernt («Da muesch doch jetz neh»).
Die Sounds sind auf «Lüt uf Fotene» oft suchend, die Stücke nehmen sich Zeit. Etwas Krautrock, etwas Post-Rock, viel Raum und keine Deadline. Man fliesst mit Stahlberger durch die zehn Lieder, «Drifte» sozusagen. In Jams und Experimenten im Sommer 2021 entstanden, ist das Album erfrischend frei in seiner Form, ohne jemals den Bogen zu überspannen. «D Welt macht zue» heisst es am Schluss melancholisch, mit dieser Band eröffnen sich neue Möglichkeiten für den überfälligen Wandel.