Rookie Records / VÖ: 21. März 2025 / Indie, Pop, Punk
Facebook
Text: David Spring
Wie nah liegen sich eigentlich Selbstironie und das Imposter-Syndrom? Muss man wirklich ein Instrument beherrschen, um in einer Band zu spielen? Oder genügen der Wille zum Spass an der Sache und das Herz am richtigen Fleck? Nun, im Falle der überaus sympathischen Schnuppe aus Köln trifft wohl alles ein wenig zu.
Mit einem Albumtitel wie «Drin was draufsteht» sind die Erwartungen logischerweise hoch. Wobei – ganz so viel steht da ja gar nicht drauf, aber es ist halt Schnuppe, sowohl die Band als auch das Gefühl. Los geht es gut gelaunt mit einer knatternden Basslinie und einem wunderschön schnoddrigen Punk-Track namens «Storno». Die Mittel sind simpel, aber effektiv: drei Akkorde, Bontempi-Orgel, ein knackiger Beat und wunderbar angeeckter Gesang. Dann gleich der Überhit: «Bier für die Girls»! Wann hast du zuletzt einen richtigen Sauf-Song gehört, der selbst mit dem gottlosesten Pegel noch perfekt am Tresen herumgelallt werden kann? Der Songtitel wird frohgemut ad nauseam wiederholt, und irgendwann wird klar, worum es Schnuppe wirklich geht.
Die drei Damen wissen nämlich genau, dass die Welt am Abgrund steht und dass wir uns alle lieber kaputtsaufen, als irgendetwas Sinnvolles mit unserer limitierten Zeit anzufangen. Doch es ist halt auch niemandem geholfen, wenn wir alle vergrämen und den Spass komplett verlieren. Deswegen klingt die Platte stets ein bisschen nach «draufgeschissen, aber in gut». Die Texte lassen zwischen den Zeilen tief blicken, und auch die fast schon aneckend fröhlichen Melodien dienen mehr dem zynischen Zurechtkommen mit der Realität als aufrichtigem (oder ignorantem?) Frohmut. Die Band sagt selbst, dass der Grundbaustein ihrer Musik die Wut ist – aber Wut ohne Aggression, dafür mit Spass. Eine äusserst gesunde und kreative Bewältigungsstrategie, wie mir scheint.
Songs wie «Die Hängengebliebenen» oder das wahrlich grossartige «Don’t Babe Me» haben eine klare Botschaft: Schnuppe wollen etwas von der Welt und sind bereit, dafür einzustehen. Für Diane, Kat und Mel, die drei Musikerinnen hinter dem aufmüpfigen Namen, ist die Band aber auch ein Ort, um sich kreativ vogelfrei auszutoben. Es gibt keine Vorgaben, alles geht, alles darf. Da überrascht es kaum, dass die Musik entsprechend eklektisch ausfällt: von 80er-NDW über Noise-Pop, Garage und Wave bis hin zu deutlichen Punk-Elementen ist wirklich alles dabei. Wenn sich dann noch ein schickes Cover von Hans-A-Plasts «Rock’n’Roll Freitag» einschleicht, auf dem Annette Benjamin höchstpersönlich das Mikro in die Hand nimmt, gibt es kein Halten mehr.
Dieses wilde, freie, ja gar rebellische «Everything goes»-Konzept ist genau das, was «Drin was draufsteht» als Album so gut macht. Es ist Musik, um laut mitzusingen, um die Faust in die Luft zu recken, um Banden zu bilden, um vielleicht das neue Morgen zu planen – oder einfach die Nacht durchzufeiern. Schnuppe machen Empowerment-Musik: stolz im Mittelmass zu Hause, mit Leidenschaft, Herz und einer Prise Schalk. Einfach richtig gut. Ob Imposter-Syndrom oder hilflose Selbstironie – ist doch alles Schnuppe!
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |