Band: Rocky Votolato
Album: Hospital Handshakes
Genre: Indie / Folk / Punk
Label/Vertrieb: Glitterhouse / Indigo
Veröffentlichung: 17. April 2015
Website: rockyvotolato.com
Geschrieben von: Sebastian Leiggener
Elf Songs, schon fast unverschämt abwechslungsreich, tiefgründige Gedanken. Niedergeschrieben und verpackt nicht nur in wohlklingenden, verträumten Melodien, nein auch in rockigen und schnellen Nummern. Mit viel Bass im Hintergrund und eine Stimme, die sehnsüchtig und inbrünstig ihren Platz in der Welt sucht. All das versteckt sich hinter dem 8. Studioalbum „Hospital Handshakes“ des amerikanischen Künstlers Rocky Votolato. Und dass alles nach einer langen, wenn auch nicht ganz freiwilligen Schaffenspause seitens des Künstlers, die in einer tiefen Depression und Schreibblockade ihren Tiefpunkt fand. Zum Glück ist diese Phase überwunden und verlieh der neuen Platte ihren gehaltvollen Ausdruck.
So ist denn auch jeder einzelne Song ein ganz spezieller Leckerbissen mit versteckten Höhepunkten und spritzigen Intermezzos, welche sich dem Hörer erst nach mehrmaligem Genuss offenbaren. Doch keine Angst, so ein mannigfaltiges Werk vermag die Sinne nicht zu ermüden.
Den Beginn macht Rocky Votolato mit „Boxcutter“ wohl nicht ohne Grund. Ist dieser Song doch jener, auf welchem die unverkennbare Stimme am klarsten zur Geltung kommt. Sie ist der Mittelpunkt und wird nur hie und da von dezenten Hintergrundklängen abgelöst, welche dieses in seiner Art sehr eigene Klangorgan, sogar noch vermögen zu untermalen. Weiter geht’s mit dem rockigen „The Hereafter“, in welchem kräftig die Gitarrenseiten gezupft werden, zu einem Refrain, der sich direkt in des Hörers Gehirn einbettet und fortan nicht wieder zu vertreiben ist.
Im von Piano- und Akustikgitarre getragenen Titelsong „Hospital Handshakes“ anschliessend, kommt die bereits erwähnte Schaffenskrise des Musikers zum Ausdruck. „We must each be broken / If we’re ever to be made new again …“ singt er da. Und um diesem Wandel noch mehr Ausdruck zu verleihen, wechselt mitten im Stück Rhythmus und Klang des Liedes. Ein musikalischer Versuch tiefe Gefühle auf den Plattenteller zu bringen.
Mit „White-Knuckles“ wechselt gleich schon wieder die Stilrichtung und geht vom zuvor eher indie- und rockangehauchten Albumstart, hin zu rassigem und funkensprühendem Punkrock über, welcher im schnellen und drummigen „Rumi“ seinen Abschluss findet. Durchaus eine neue Seite des Musikers welche Lust auf mehr macht.
„A New Son“ kommt dann jedoch schon wieder merklich melodischer daher. Durchaus ruppig zwischendurch zwar, aber mit einem gemächlich dahinziehenden Refrain. Ein stetiges Wechselbad der Klangabfolge und ein Hörgenuss erster Güte.
Im letzten Drittel von „Hospital Handshakes“ wird Rocky Votolato jedoch wieder spürbar melancholischer, was bedauerlicherweise auch die Aufbruchstimmung des zuvor Gehörten etwas dämpft. „Sawdust & Shavings“ ist ein markanter, ja abrupter Bruch, welcher in einem überspitzen Schlusspunkt endet. „So Unexpectet“ wie auch „This Is My Work“ vermögen dann nicht mehr wirklich zu überzeugen. Gerettet und getragen wird das ganze Schlussdrittel des Albums vom Abschlusssong „The Finish Line“, in welchem die folkige Ader Votolatos am schönsten zu verspüren ist und er sein Können an der Mundharmonika demonstriert.
„Hospital Handshakes“ ist gleichermassen ein Wechselspiel der Rhythmen, Melodien wie auch der Persönlichkeit des Künstlers, welcher so scheint es, seinen Platz in der Musikwelt noch nicht gefunden hat. Dieses Undefinierbare ist der Höhe- und zugleich auch Schwachpunkt von Rocky Votolato. Talent ist ihm nicht abzusprechen und die wunderschöne, unverwechselbare Stimme ist zweifelsohne das Markenzeichen des Musikers. Und obwohl das Album durchaus rockiger als seine Vorgänger daherkommt und tatsächlich als Neuanfang gewertet werden kann, ist immer auch eine bittersüsse, im zwielichtigen Abgrund schmerzender Erfahrungen schwebende Trostlosigkeit zu spüren. So als ob Rocky Votolato noch immer mit sich selber und seiner Art hadert.
Die grossen Hallen dieser Welt zu füllen bleibt ihm wahrscheinlich verwehrt, dafür wird er sich einer kleinen, aber dafür sehr treuen Fangemeinde gewiss sein. „Hospital Handshakes“ ist nicht der vom Künstler selbst angepriesene Befreiungsschlag aus seinen tiefen Selbstzweifeln. Der düstere Abschluss des Albums lässt gar das Gegenteil erwarten. Aber es ist ein gefühlsbetonter Anfang eines langen Weges zur Selbstfindung. Und dafür ein grosses Lob, für ein abwechslungsreiches, musikalisches Wiederaufleben und eine Stimme, die ihresgleichen nur suchen kann.
Tracklist:
1. Boxcutter
2. The Hereafter
3. Hospital Handshakes
4. Royal
5. White-Knuckles
6. Rumi
7. A New Son
8. Sawdust & Shavings
9. So Unexpected
10. This is my Work
11. The Finish Line
Bandmitglieder:
Rocky Votolato – Gesang, Gitarre
Cody Votolato – E-Gitarre
Eric Corson – Bass
Andy Lum – Schlagzeug
Emily Kokal – Backround
Gründung:
1995