Mosaik Records / VÖ: 17. Februar 2023 / Pop, Indie, HipHop
piekemusik.com
Text: David Spring
Zugegeben, die Berliner Künstlerin Pieke macht Musik, die etwas weiter von meiner Komfortzone entfernt ist, als ich es mir gewohnt bin. Irgendwo zwischen Jazz, Pop und HipHop angesiedelt, fehlen mir vielleicht die Worte oder Referenzen. Aber egal, denn die Musik auf ihrer Debüt-EP «Das Glück ist eine warme Pistole» ist so verdammt gut und interessant, dass man einfach hinhören muss.
Der Opener «Warte Nur» ist ein düsteres Indie-Stück, mit verhaltener Instrumentierung und Piekes sanfter, verführerischer Stimme. Eine eindringliche Gitarrenmelodie untermalt den eher kryptischen und wahrscheinlich nicht jugendfreien Text. Mit «Alles Clowns» wird die Sache klarer. Die verhaltene Melodie gibt Raum für Piekes Abhandlung über das Musik-Business und ihre eigene unbeschönigte Stellung darin («Ich hab’ so schöne Augen und so grosse Titten, darum ist meine Kunst gut»). Das verstörende Gelächter im Hintergrund tut ihr Übriges.
«PDAB» ist die Tanznummer der EP. Der sexy Beat setzt die Stimmung und der knappe Text sagt alles, was zu sagen ist. Erst recht in Zusammenhang mit dem fantastischen Videoclip. Es folgt ein äusserst wütender, im Kanon gesprochener Skit zusammen mit dem Rapper Remo, der als Einleitung zum Titeltrack steht. Dieser wiederum ist untermalt von einem tiefen Saxophon und düsterem Beat. Hier zeigt Pieke ihre ganze Wortgewalt. Um den Promotext zu zitieren: «als ob Bertolt Brecht eine Punk-Jugend durchlebt […] und sich dann in die Berliner U-Bahn gesetzt hat». Auch hier gibt es ein Rap-Feature mit Remo, das unverschämt gut mit dem dunklen, betörenden Gesang Piekes harmoniert.
Den Schluss macht die feministische Hymne «Monica». Pieke räumt in diesem grossartig wütenden Jazz-Rocker mit der Dämonisierung erfolgreicher Frauen in den Medien auf. Von Maria Magdalena über Monica Levinsky, bis hin zu Miley Cyrus und Britney Spears. Die erneute Wortgewalt, die Punk-Attitüde und die schiere Wut lassen es einem kalt den Rücken herunterlaufen. Ein grandioses Finale einer fantastischen EP.
Pieke zeigt auf «Das Glück ist eine warme Pistole» eindrucksvoll, zu was sie im Stande ist. Vor allem beweist sie, dass Genre-Grenzen der Vergangenheit angehören, genauso wie Misogynie, Sexismus und das ganze Scheisssystem. Die Bühne gehört ihr und ihresgleichen, so gesteht es sich auch dieser kleine Metal-Schreiberling hier ein, denn wer nicht auf diesen Zug mitaufspringt, hat für immer verloren.