Reprise Records / VÖ: 25. Oktober 2019 / Rock
neilyoungarchives.com
Text: Michael Bohli
Eine knappe Viertelstunde dauert „She Showed Me Love“ und knüpft so nicht nur klanglich an das letzte Album von Neil Young & Crazy Horse an. Damals 2012, als die Band um den kanadischen Musiker mit „Psychedelic Pill“ die mäandernden Rocksongs noch einmal in packender Reinheit aufleben liessen – und jetzt endlich, sieben Jahre später ist es wieder soweit. Dass wir alle älter geworden sind, das merkt man dem Album „Colorado“ nicht an, die Gitarren singen, jaulen, Herr Young klagt an. Es geht um die Klimakrise, um unseren Umgang mit der Erde, um die Furcht vor der zerstörten Zukunft.
Das passt thematisch nicht nur zur Persönlichkeit von Neil Young, sondern seinen letzten Soloveröffentlichungen wie „Peace Trail“ und dem Bewusstsein der Rockmusik. Zwischen Folk, Americana und psychedelischen Wandlungen hangeln sich Crazy Horse und die Lieder durch, ohne zu fallen oder auseinanderzubrechen. Eine Ewigkeit zum Ziel benötigen die Herren meist nicht auf „Colorado“, nach wenigen Minuten ist ein Stück abgeschlossen, die Verstärker lassen noch eine letzte Rückkopplung heraus. Süsslich und bitter zugleich („Help Me Lose My Mind“), sehnsüchtig und träumerisch inmitten des unendlichen Raumes („Milky Way“) – dieses 39. Studioalbum macht vieles mit.
Live im Studio aufgenommen, leben die Arrangements von Neil Young & Crazy Horse von einer gewissen Leichtigkeit, improvisierte Solostellen folgen auf schräge, aber niemals falsche Refrains und Strophen – typisch für den alten Kauz. So gelangen ihm und seinen Mannen mit den Songs wie „Rainbow Of Colors“ zwar keine Hits für alle Zeiten, aber eine bodenständige, politische und durchwegs sehr gute Platte. „Colorado“ ist mit genügend Retrocharme im Jetzt verankert.