ATO Records / VÖ: 22. Oktober 2021 / Rock
mymorningjacket.com
Text: Michael Bohli
Dad-Rock, man kann die Gitarrenmusik, welche My Morning Jacket seit 23 Jahren spielen, mit diesen Worten bezeichnen. In ihren Kompositionen leben die Geister vergangener Jahrzehnte, die Grenzen des Genres werden nicht gesprengt. Immer aber wussten die Mannen um Frontmann Jim James eine Eigenständigkeit in die Lieder einzubringen. Das gelang mit «Z» phänomenal, war gewöhnungsbedürftig beim Disco-Versuch «Evil Urges» und lockte mit herzerwärmenden Melodien beim Doppelpack «The Waterfall». Das selbstbetitelte Album geht keine grossen Wagnisse ein, festigt die Position der Band aus Amerika aber erneut.
Das Songwriting wird bei My Morning Jacket zu einer Kunst erhoben, die sich nicht nur durch den betörenden Gesang James’ in klanglichen Wundern manifestiert. Eine Vielseitigkeit wird mit dem Album an den Tag gelegt, die Freude macht. «Regularly Scheduled Programming» ist ungerade und ein erstaunlich sperriger Beginn, doch «Love Love Love» ist mehr als versöhnend. Eine Hymne voller Gefühl und Liebe, man badet in den Takten, schwebt über dem Boden. Sogar in den weniger gelungenen Momenten findet die Band den Weg zum hellen Licht. «Lucky To Be Alice» ist mit Kirmes-Orgel und schunkelndem Rhythmus anbiedernd, bricht am Ende aber wie ein Vulkan mit Gitarre und Tasteninstrument aus.
Nicht selten denkt man wegen den Riffs an die Glanztaten eines Joe Cocker, zusätzlich finden My Morning Jacket immer wieder Platz für etwas Psychedelica («I Never Could Get Enough»). Mit dieser Scheibe liegt eine Rock-Platte vor, die zwar nicht immer glänzen kann («Least Expected»), mit einer Spur Pathos und viel Emotionalität aber stets von Neuem begeistert («Penny For Your Thoughts»). Der warme Sound und die hübschen Verzerrungen tun ihr Übriges.