Irascible Music / VÖ: 5. November 2021 / Deutschrock
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Text: Michael Bohli
Mit Mehltau zu Berge wir ziehn, fallera. Wobei, halt stopp. Strammer Körperkult gibt es auf «Mahlstrom» keinen, ebenso fehlen die sorgenlosen Gedanken genährt von Pathos. Der Deutschrock der Gruppe um Lyriker und Sänger Béla Rothenbühler wirft viel Text in die Waage und sucht die Anekdoten im Scheitern, in den negativen Momenten des Lebens. Das kann bissig und zielgenau ausfallen («Meisterwerk») oder verträumt analytisch («Gut gut & dir so»), sogar die Liebe wird nicht als ewiges Gut heraufbeschworen, sondern als fieser Besucher in der Ruhe («Was zur Hölle Liebe»).
Wenn man mit diesen Liedern auf der Bergspitze ankommt, dann ist die Luft dünn und die Sonne blendet. Mehltau musizieren ohne Zwänge, führen die Melodien nahe am Gesang («Sequel») und lassen Gitarre und Schlagzeug zur sanften Begleitung verkommen («Willkommen in meiner Ohnmacht»). Das verleiht «Mahlstrom» eine elegante Stimmung, Synthesizer und Bass verbinden die Reime. Katastrophen und psychologische Abgründe finden man in den Songs, Wiederholungen von Motiven wird mit Lärm und Improvisation begegnet («Zwischen Zweimal Schweigen»).
Mehltau ist mit ihrem Album ein interessantes und vielschichtiges Werk gelungen, das die Fähigkeiten von Gruppen wie Blumfeld und Element Of Crime nach Luzern bringt. Falsche Vorsätze werden gemäss dem Cover vom «Mahlstrom» entzweigerissen, dahinter verbirgt sich entweder die Wahrheit oder, die Leere. Mit den 14 Songs dieses Zweitwerkes erhält man vom Quintett begleitende Klänge für beide Ausgänge. Schwermut wird mit der nötigen Ironie begegnet, Übermut mit krautiger Gravitation.