Band: MAN ON MAN
Album: Man On Man
Genre: Indie
Label: Big Scary Monsters
VÖ: 7. Mai 2021
Webseite: Facebook
Bands, die aus einem Liebespaar bestehen, gibt es nicht all zu viele. Noch seltener ist eine Band, die aus einem schwulen Paar in gesetztem Alter besteht. Genau diese Lücke wird dank Joey Holman und Roddy Bottum gefüllt. Als MAN ON MAN (bewusst in Grossbuchstaben geschrieben, loud and proud) haben die beiden durch persönliche Verluste, den fortwährenden Lockdown und immer wiederkehrende Ablehnung näher zueinander gefunden, um uns mit dem wohl queersten Indie-Album des Jahres zu beschenken.
Spätestens als das Video zu ihrer Debüt-Single „Daddy“ aufgrund von Verstössen gegen die Sex- und Nacktheits-Klausel von YouTube entfernt wurde, ohne dass darin je effektiv Nacktheit vorkommen würde, hat sich die soziopolitische Position von MAN ON MAN verfestigt. Man hat genug von der übersexualisierten Repräsentation der Schwulenszene, die oberflächlich nur aus gut-gebauten, jungen, knackigen Herren zu bestehen scheint. Das Album soll darum nicht nur eine Kampfansage sein, sondern in gleichem Masse auch ein Schrei nach Akzeptanz.
MAN ON MAN finden sich musikalisch lieber zwischen als auf den Stühlen. Songs wie der schleichende Opener „Stohner“ oder das bereits erwähnte „Daddy“ sind relativ rockige Nummern mit leicht verzerrten Gitarren und stetem Beat, vermischt mit unglaublich vielen Pop-Einflüssen. „It’s So Fun (To Be Gay)“ wiederum spielt bereits mit der Erwartung, vermutet man bei diesem Titel einen frohen und tanzbaren Partysong. Doch das Stück ist schlicht, sanft und einlullend. Die Stimmen von Holman und Bottum ergänzen sich wundervoll und mit der frohgemuten Pfeifmelodie gegen Ende ergibt sich eine etwas andere Gay-Hymne.
Das Album ist durchgehend nachdenklich und zurückhaltend, worin für mich die Schwäche der Platte liegt. Die Storys, die MAN ON MAN in den Songs erzählen, sind direkt aus dem Leben gegriffen und mitunter sehr intim, eigentlich perfekt für eine queere Kampfansage geeignet. Durch die klangliche Zurückhaltung erwacht bei mir nie das „Wir gegen alle“-Gefühl. Selbst die poppigeren, fröhlicheren Songs wie „1983“ oder das neckische „Two At A Time“ sind in der Essenz traurig und von Schmerz durchtränkt.
So wird das Album meinen Erwartungen nicht ganz gerecht, was es aber mitnichten schlecht macht. MAN ON MAN erzählen offen und ehrlich aus ihrem Leben, dass man gar nicht umhin kommt, die beiden sympathisch zu finden. Es ist zudem erfrischend zu fühlen, wie bedingungslos und felsenfest die beiden ineinander verliebt sind. Die Gefühle und Emotionen sind auf „Man On Man“ so stark und ehrlich, dass man sich 45 Minuten lang wohlig warm fühlt. Vielleicht muss es ja nicht immer durchgeknallt und laut sein, manchmal reicht es, schöne Melodien mit aufrichtigen Geschichten und einem endlos sympathischen Pärchen zu vermischen, um ein hoffnungsvolles, stimmiges und schlussendlich schönes Album zu erhalten.
Tracklist:
1. Stohner
2. Daddy
3. It’s So Fun (To Be Gay)
4. Beach House
5. 1983
6. Baby You’re My Everything
7. Two At A Time
8. Lover
9. Please Be Friends
10. Kamikaze
11. It Floated
Bandmitglieder:
Roddy Bottum
Joey Holman
Gründung:
2020
Text: David Spring