hfn Music, Mermaid Records / VÖ: 30. September 2022 / Pop
lydmor.dk
Text: Michael Bohli
Bis heute lassen mich die Bässe und Synthesizer von «Someone We Used To Love» tanzen, die wohlig düstere Stimmung frohlocken. Wer sich bei «Nimue» auf weitere solcher Momente freut, muss jetzt stark bleiben. Erste Lektion: Du hast keine Kontrolle, keine Macht. Lydmor ist mit einem intimen und über grosse Teile akustisches Album voller ernster Gedanken und wichtigen Einsichten zurückgekehrt. Piano, emotionaler Gesang; aus dem pulsierenden «LSD Heart» von «Capacity» wird eine Ballade, welche die Abrechnung der Künstlerin mit der Kulturbranche und männlichen Dominanz noch schärfer und wichtiger klingen lässt.
Die Texte und die Stimme von Lydmor haben eine zentrale Postion auf «Nimue», hier wird erzählt, erklärt und dargelegt. «Like A building» tänzelt wie ein Blatt durch den Wind, «Heard U the First Time» wirkt elegant und im klassischen Pop verankert, «Grandmaster of Goodbyes» verzaubert mit wunderbarer Melodienführung. Die Künstlerin aus Dänemark hat aus einem ungeplanten Akustik-Konzert und dem darauffolgend spontanen, solitären Aufenthalt in Oslo einen Karriereüberblick geschaffen, der gegen Patriarchat und Unterdrückung antritt.
Mit Zauberei hat «Nimue» wenig zu tun, obwohl es der Titel nahelegt. Diese Musik ist intelligentes Songwriting, wache Beobachtungsgabe und zeitgenössische Aussagen, die man(n) sich zu Herzen nehmen sollte. Nach kurzer Eingewöhnung klebt man an den Lippen von Lydmor, freut sich über die treffsicheren Aussagen und fühlt sich in dieser klanglich reduzierten und trotzdem wunderschönen und ehrlichen Umgebung mehr als wohl.