Lauter Kollektiv / VÖ: 26. Mai 2023 / Punk, Indie
lolaboum.com
Text: David Spring
Wie hat sich eine Frau in der Gesellschaft zu verhalten? Wie laut, wie rotzig, wie selbstbewusst darf eine Frau sein? Solche Fragen stellt die überaus sympathische Punk-Band Lola Boum auf ihrem Debüt-Album «Kinky Days». Das Trio aus Zürich erforscht in den acht Tracks, wie weibliche Freiheit im 21. Jahrhundert klingt. Das Resultat ist ein lautes, facettenreiches und selbstbestimmtes Punk-Album, wie man es nicht oft zu hören kriegt.
Als erstes stellt sich die Frage: was ist heute noch Punk? Wer nämlich an laute, schrammlige Gitarren, wilde Beats und viel Geschrei denkt, liegt bei Lola Boum weit daneben. Das Trio orientiert sich musikalisch nicht bei den rüpelhaften Männer-Gruppen, sondern steht stolz im Lichte alter Heldinnen wie Janis Joplin, Patti Smith, Juliette Lews und PJ Harvey. Der Sound von Lola Boum ist rotzig, ohne dabei aggressiv zu sein, und getraut sich auch mal ruhige und langsame Töne. Es ergibt sich ein wundervoll nostalgisches Klangbild, die Gitarren sind zurückhaltend und effektbeladen, der Bass knackig und weit vorne im Mix, und im Zentrum natürlich der so charmante wie wütende Gesang von Sängering/Gitarristin Nurit Hirschfeld.
Punk ist das, was du draus machst, egal wie es klingt. Entscheidend ist nur die Attitüde, denn inhaltlich könnten Lola Boum nämlich kaum punkiger sein. Wie eingangs erwähnt ist Feminismus das zentrale Thema. Die Zürcher:innen nehmen kein Blatt vor den Mund, sie sind nach eigener Aussage laut, forsch, gierig und sauer, aber zugleich sensibel, verletzlich, girly und quirlig. Vom rockig, rotzigen Opener «Hey Bastard» über das verspielt-aufmüpfige «I Don’t Want To Think About You» und das geniale, so süssliche wie angepisste «Kinky» bis hin zum abschliessenden Rundumbefreiungsschlag «Honeymoon», die Message ist klar.
Lola Boum bringen etwas Frische und Abwechslung in den Punk. Das Thema Feminismus wurde selten so treffend behandelt, wie in den 23 Minuten auf «Kinky Days». Dabei bleiben sie nahbar und authentisch. Die acht Songs sind so vielfältig und abwechslungsreich wie das Leben, und trotz der meist sanften Melodien sind der Frust und die Wut über unsere Gesellschaft spürbar. Die Welt könnte so schön sein, auch wenn es derzeit nur in unseren nostalgischen Tagträumen so scheint. Doch mit wunderbarer Musik, wie der von Lola Boum, wird sich auch die Zukunft ertragen lassen. Der Kampf für ein besseres, schöneres Morgen ist noch lange nicht vorbei.