LL Records / VÖ: 24. September 2021 / Pop, Singer-Songwriter
lealu.ch
Text: Michael Bohli
Es ist ein grauer Nachmittag, weder Wetter noch Stimmung regen zu grossen Bewegungen an. Das Auge sieht den verschlafenen Sonntag im Mittelland, das Ohr hört die sanften Klänge von Lea Lu. Ein wenig Melancholie, etwas Verträumtheit und die nötige Selbstbestimmung – mit den 13 Liedern auf „I CALL YOU“ kuschelt man sich gerne auf dem Sofa ein. Stimme und Gitarre beginnen, die weiche Perkussion verziert die Melodien, im Refrain baut sich „Fly“ auf und deutet die Jazz-Wurzeln der Popmusik nicht nur an, sondern lässt sie zufrieden zu.
Gemächlich sind die Stücke von Lea Lu, Singer-Songwriter, eleganter Pop und etwas Folk. Die Sängerin, welche 2017 mit der EP „Rabbit“ ihre Kompositionen noch alleinig ausformuliert hatte, ist bei der Platte „I CALL YOU“ von einer Vielzahl an Musiker*innen begleitet worden. Das offenbart sich in leichtfüssigen Passagen und kleinen Details, welche mit Bläsern, Piano und Stimmen die Tapete verzieren. „Fire“ ist schmissig und voller Groove, sehr atmosphärisch und mit herrlichem Körper die Wandlung von „I Am The Sea“. Überrumpelt wird man nicht einmal von „Everything Is On Fire“ – das mich an Lùisa denken lässt. Gedanken, Wünsche und Gefühle sind wichtiger als der Effekt.
„I Call You“ wurde teilweise in einer entlegenen Alphütte aufgenommen, die Natur scheint dabei in die Lieder gekrochen zu sein. „No One Wants To Dance Alone“ hüpft ausgelassen herum, bei anderen Songs sind es Nebel, Wolken, Sonnenstrahlen und Morgentau, die fühlbar werden. Die personelle Erweiterung war richtig, Lea Lu muss sich niemals unterordnen und führt alle durch ihre Welt. Etwas mehr Druck und Intensität hätten die Lieder zwar vertragen, nach der Dreiviertelstunde ist dafür die triste Stimmung weg.