Kapitän Platte / VÖ: 24. Juni 2022 / Neoklassik
westoodlikekings.com
Text: Michael Bohli
Seit Anbeginn des Wirkens von We Stood Like Kings ist das Piano ein tragendes Element in ihrem Post-Rock. Eine klangliche Erweiterung, welche die Gruppe von ähnlichen Acts abhebt. Neoklassik inmitten der Gitarren, mit der Platte «Classical Re:Works» näherten sich Judith Hoorens und ihre Mitmusiker dem Konzept noch stärker an. Dass die Pianistin unter dem Namen La Reine Seule nun ein Album vorgelegt hat, dass sich komplett auf das Tasteninstrument fokussiert, ist ein logischer Schritt.
Acht Kompositionen, durchnummeriert und minimalistisch gehalten – auf «Visages» gibt es keine Klangkaskaden und unüberwindbare Wände. Die menschlichen Emotionen werden mit sanften Melodien in die Musik übertragen, La Reine Seule hat die Stücke aus der Drei-Noten-Systematik geschöpft. Damit begibt sie sich in die Gesellschaft moderner und gleichzeitig traditionell atmosphärischer Neoklassik, Harmonien und Rhythmen greifen ineinander. Eine Steigerung gibt es im schönen «Deux», «Sept» beginnt als sanfter Fluss und wirbelt dann in die Tiefe.
Durch die Beschränkung und den Fokus auf die klassische Musik ist «Visages» ein Album, an dem sich viele Gitarren-Fans die Zähne ausbeissen werden. La Reine Seule lädt zu einem andächtigen Genuss ein, mit gelungenen Aufnahmen, bei denen alle Klänge warm und fassbar wirken. Man kann sich in der Musik verlieren und den eigenen Gedanken nachgehen, ohne jemals von der Künstlerin im Stich gelassen zu werden.