Bureau B / VÖ: 7. April 2017 / Krautrock
ikreidler.de
Text: Michael Bohli
Die Welt macht oft einen Strich durch die eigenen Pläne – so mussten auch Kreidler spontan umdenken, kurz vor dem Mastering ihres neuen Albums. Denn obwohl die Band aus Düsseldorf zufrieden mit ihren neuen Songs war, schienen diese nicht mehr auf unseren Planeten zu passen. Vorherrschende Stimmungen wie Xenophobie und Hass schreien direkt nach einer Reaktion und somit trafen sich die Musiker noch einmal im Studio in Hilden, um neue Improvisationen einzuspielen. „European Song“ ist somit eine Bestandesaufnahme in fliessendem Krautrock und eingestreuter Electronica. Und eine passende Fortsetzung der Bandgeschichte.
Kreidler standen schon immer für eine interessante Mischung aus Techno, Rock und Leftfield. Ihre Lieder bleiben auch auf „European Song“ oft zurückhaltend und spielen mit den gegebenen Rhythmen und Melodien. Die Musiker waren bei der Aufnahme spontan, benutzten aber keine Overdubs oder grosse Produktionszaubereien. Stücke wie „Kannibal“ oder „Radio Island“ atmen den freien Geist und wirken wunderbar geformt. Und es passt, dass hier keine Gesänge zu finden sind. So wirkt die Musik in ihrer Reinheit.
Sicherlich, eine direkte Antwort auf die momentanen Probleme ist die neuste Scheibe von Kreidler nicht – aber auch keine Verleugnung. Man spürt die Absichten und mit sich immer stärker steigernden Liedern baut die Band eine gute Spannung auf. Somit ist „European Song“ ein Gemeinschaftswerk und präsentiert Musiker, die fantastisch aufeinander abgestimmt sind. Und ja, auch die billig wirkenden Klänge aus den Synths sind gewollt – in der heutigen Zeit glänzt schliesslich auch nicht alles. Aber wir sind alle gemeinsam da, wie Kreidler es vormachen.