Long Branch Records / VÖ: 10. Dezember 2021 / Rock, Pop
kid-dad.com
Text: David Spring
Wer erinnert sich noch an Schrödingers Katze? Dieses arme Biest, zur ewigen Unsicherheit zwischen Existenz oder Nichtexistenz, Leben oder Tod, Sein oder Nichtsein verdammt, wurde an dieser Stelle im August 2020 bereits thematisiert. Der Deckel der schrödingerschen Box wurde damals von der Paderborner Alt-Rock-Band Kid Dad mit deren Debüt „In A Box“ lautstark weggeblasen, die Katze stellte sich als lebendiger denn je heraus.
Doch die Pandemie zerstörte die meisten Tour- und Promo-Pläne der Band, also ging es zurück ins Studio. „Bloom“ heisst das Resultat, eine EP mit fünf Songs, die ganz dem Namen nach in sämtliche Himmelsrichtungen spriessen und blühen. Zeichnete sich „In A Box“ bereits durch explosive Emotionen, zerebrale Perfektion und schmerzhafte Offenheit aus, so legen die neuen Stücke erst recht sämtliche Ketten ab.
Einen Popsong mit Drum-Maschine, Hip-Hop-Einflüssen und politischem Text hätte bei Kid Dad kaum jemand erwartet. Genau das hat sich die Band mit „As Soon As America“ getraut, das Resultat erstaunlich überzeugend. „Apartment“ wiederum zeigt, dass schmerzhafte Erfahrungen im Leben nicht immer nur mit lauten, verzerrten Gitarren verarbeitet werden müssen. Sanft baut das Lied Emotionen auf, denen man sich kaum entziehen kann. Natürlich geht das weiterhin in laut, mit „Boat“ und vor allem „Wire & Guns“ zeigen die Jungs, dass sie das mit den bombastischen, effektbeladenen Liedern lange nicht verlernt haben.
Kid Dad waren noch nie so nahbar und offenherzig, wie auf dieser EP. Die Songs sind meisterhaft komponiert und es scheint fast, als ob ein kreativer Knoten geplatzt wäre. Introspektive und Weltschmerz sind nicht mehr die einzigen Stützpfeiler, es finden sämtliche Gefühlsregungen, Gedankengänge und Ereignisse in den Werken der Band Platz. Ganz wie mit Schrödingers Büsi weiss man nie genau, was als nächstes kommt. Das ist auf „Bloom“ nach wie vor das, was diese Band so verdammt gut macht. Kid Dad bleiben einzigartig, eine Gruppe Musiker, wie man sie nicht jeden Tag so hört. Schön so, blüht gerne munter weiter, die Herren.