2MR / VÖ: 3. Mai 2019 / Electronica, Techno, House
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Text: Michael Bohli
In einer Wiese zu sitzen, mit einem glitzernden Kleid und inmitten von bunten Farbflächen – ja, der optische Eindruck ist konträr zur ersten Begegnung mit Kedr Livanskiy vor zwei Jahren. Das Debüt „Ariadna“ war kalt, grau und voller Zweifel; ein persönliches Statement zur Herkunft der russischen Künstlerin. Das war nicht immer einfach zu verarbeiten, für sie selber vor allem, und darum suchte sie mit dem befreundeten Künstler Flaty neue Möglichkeiten des Ausdrucks. Her mit den leichteren Klängen, dem House und den hüpfenden Beats: «Your Need» löst die Tristesse von „Your Name“ ab.
„Kiska“ und das selbsterklärende „Bounce 2“ folgen diesen Aufruf ohne zu zögern, die Synthesizerflächen in den ersten Sekunden des Albums bieten das Bild eines wolkenlosen Himmels. Kedr Livanskiy hat deswegen die Clubmusik und Themen für die Nachtstunden nicht verlassen, getraut sich nun aber, ihren Betonbunker an gewissen Stellen mit Teppichen und Holzverkleidungen einzurichten. Wer genau hinschaut entdeckt sogar eine kleine Lavalampe für die psychedelischen Momente, wie bei den Keyboardeffekten von „Why Love“.
In Kombination mit dem russischen Gesang entsteht ein leichtes Gefühl der zeitlichen Verschiebung, „Your Need“ wirkt grösstenteils wie in den Neunzigern entstanden und lässt die Türen zu Dub und reduzierten Ghetto-Music offen. Weiterhin gibt es den Pop bei Kedr Livanskiy („LED“) und die Melancholie, mit diesem zweiten Werk hat sich die Musikerin ihre Zukunft aber klar freigeräumt. „New Day“ heisst es am Ende, passender wären keine anderen Worte.