Band: Foxing
Album: Nearer My God
Genre: Indie / Pop / Rock
Label: Triple Crown
VÖ: 10. August 2018
Webseite: foxingtheband.com
„Ist das jetzt ihr Ernst?“ Dies war mein zweiter Gedanke, als ich die neu erschienene Single „Slapstick“ von Foxing zum ersten Mal hörte. Mein erster Gedanke: „Gibt es noch eine andere Band, die sich diesen coolen Bandnamen überlegt hat?“. Hätte der dazugehörige Videoclip, in dem Sänger Conor Murphy in einem schmutzigen Labor in einem Bunker am Strand eine Pflanze mit seinem eigenen Blut am Leben hält, mir nicht bewiesen, dass es sich um dieselbe Band handelt, die mir mit Songs wie „The Medic“, „Indica“ oder „Rory“ den Kopf verdreht hat.
Auch die darauffolgenden Singleauskopplung „Nearer My God“ zeigt die Band aus St. Louis von einer musikalischen Seite, die scheinbar wenig mit dem bittertraurigen und unheimlich berührenden Emo zu tun hat, mit welchem sich Foxing auf den beiden vergangenen Alben in die Herzen ganzer Nationen gespielt haben. Trotz meiner Verunsicherung über diese neue Richtung, die die Band scheinbar eingeschlagen hat, höre ich mir das ganze Album an und beschliesse, diesem eine faire Chance zu geben, mich doch noch zu überzeugen. Doch „Nearer My God“, erschienen vor etwas mehr als einer Woche und das Endprodukt von drei Jahren Arbeit, weist so wenig Ähnlichkeit mit der Musik von „Dealer“ und „The Albatross“ auf, dass es mir nicht gelingt, Gefallen daran zu finden.
„Grand Paradise“, das Album eröffnend, beginnt mit elektronischen Beats, die Stimme ist effektüberladen und der ganze Song ist so aufgekratzt und catchy, dass er sich nicht mit früheren Songs vergleichen lässt. Dies gilt im übrigen auch für alle anderen Songs des Albums, mit „Five Cups“, „Bastardizer“ und „Lambert“ als drei Nummern, die wenigstens noch andeutungsweise mit Früherem in Verbindung gebracht werden können. Die Songs sind mindestens doppelt so schnell, der Gesangsstil hat sich komplett verändert, Elektronik und Special Effects scheinen Klavier, Trompete, Posaune und Geige fast gänzlich ersetzt zu haben.
Nun muss jedoch gesagt werden, dass „Nearer My God“ nicht per se ein schlechtes oder enttäuschendes Album ist. Es ist wohl einfach nicht für diejenigen Hörerinnen und Hörer geeignet, denen gefiel, was die vierköpfige Band früher auf die Beine zu stellen pflegte. Die Songs auf „Nearer My God“ haben jede Menge Ecken und Kanten und sind somit alles andere als eingängig und oberflächlich, sie besitzen ausgeklügelte Details, die auch Musikkennern und -kennerinnen und aufmerksamen Zuhörern und Zuhörerinnen Freude bereiten. „Nearer My God“, die zweite Single des gleichnamigen Albums, wurde in den fünf Sprachen Englisch, Spanisch, Französisch, Deutsch und Japanisch eingesungen, jede dieser Versionen ist auf Youtube zu finden. In den Videos dazu, welche auch mit Untertiteln versehen sind, was angesichts des starken Akzents des Sängers ziemlich hilfreich ist, zeigen Conor Murphy, wie er alleine über eine sonnenscheinerhellte Pferdeweide schreitet. Das Video ist nahezu identisch in allen fünf Versionen, die Nahaufnahmen zeigen jedoch, dass die Lippen tatsächlich die Worte der jeweiligen Sprache formen und es sich somit nicht um ein und die selbe Videosequenz handelt. Der Aufwand, der da wohl dahintersteckt, ist schwer vorstellbar und bringt der Band nebst einigen wohlwollend schmunzelnden Fans sicherlich auch Anerkennung. Für meinen Teil ist dies jedoch das Einzige, was mich am zwölfstückigen Neuling der Band positiv überrascht.
Hiermit bleibt schlussendlich das altbekannte und wohl nie endende Diskussionsthema stehen: Bands, die sich musikalisch verändern. Sind wir ehrlich, Veränderungen sind das Normalste und zugleich etwas vom Wichtigsten, das uns Menschen ausmacht – da bildet Kunst, die letzten Endes ja das Wesen des sie erschaffenden Menschen ablichtet, auch keine Ausnahme. Und bei zu wenig Veränderung wird schnell mit den Worten „langweilig“ oder „ausgelutscht“ um sich geworfen. Böse sein kann ich Foxing also nicht, dass sie sich entschieden haben, mich nicht weiter mit todtraurigen Texten einzulullen und mir mit minimalistischen Drumbeats und repetitiven Klavier- und Gitarrenmelodien das Einschlafen zu erleichtern, sondern nun musikalisch eine neue Richtung gewählt haben. Letztendlich muss sich wohl ein jeder selbst ein Bild machen über dieses Album – gefallen wird’s wahrscheinlich aber eher denjenigen, die Foxing – der Name bedeutet „Stockflecken“, das sind die Verfärbungen, die auf Papier oder Textilien durch Wasserschäden entstehen können – noch nicht gekannt haben.
Tracklist:
1. Grand Paradise
2. Slapstick
3. Lich Prince
4. Gameshark
5. Nearer My God
6. Five Cups
7. Heartbeats
8. Trapped in Dillard’s
9. Bastardizer
10. Crown Candy
11. Won’t Drown
12. Lambert
Mitglieder:
Conor Murphy – Gesang, Trompete und Samples
Ricky Sampson – Gitarre
Jon Hellwig – Schlagzeug
Eric Hudson – Gitarre und Gesang
Text: Sarah Rutschmann