-OUS / VÖ: 23. August 2019 / Electronica, Ambient
feldermelder.ch
Text: Michael Bohli
Vor fünfzig Jahren spazierten einzelne Menschen über unseren Trabanten und boten somit eine neue Horizonterweiterung für die gesamte Zivilisation – nicht ohne vorher viele Schwierigkeiten durchlebt haben zu müssen. Wie sich dies in der kleinen Raumkapsel damals angehört und -gefühlt haben muss, das lässt sich mit „Tall Rise“ nun einigermassen vermuten. Die 24-minütige Ambient-Drone-Sinfonie von Feldermelder beginnt sanft, nur um immer weiter in Lautstärke und Lärm auszubrechen. Als ob Metall auf Atmosphäre treffen würde, Hitze und Reibung.
Mit „The Sound Of“ vertonte der Schweizer Künstler Manuel Oberholzer 2018 seine Erfahrungen in Hotelzimmern, jetzt beweist er unter seinem Spitznamen Feldermelder die Fähigkeit, sich in Extreme einzufühlen. „Tall Rise“ brodelt von Beginn an, hält die heisse Ursuppe in den anfänglichen Minuten noch zurück. So lange, bis Sequenzer und Synthesizer glühen und die Flächen und das Ambientknistern beiseitestossen. Laut will diese elektronische Komposition gehört werden, denn türmen sich die Frequenzen auf und wollen in jeder Pore und mit jedem Atom erfühlt werden.
Es ist Musik, welche in dieser Intensität unendlich lange weiterklingen könnte, ohne jemals wieder die Umlaufbahnen unserer Leben verlassen zu müssen. Der Reiz liegt an den geschichteten Sounds, an der unbezwingbaren Menge an Eindrücken – bis man wieder neue Details bei Feldermelder entdeckt und sich in deren Schönheit verliert. Ja, hinter nervenaufreibenden und lauten Momenten liegt eben die Entspannung und der steile Aufstieg mit „Tall Rise“ stellt mehr als zufrieden.