Polydor Records / VÖ: 19. November 2021 / Alternative
elbow.co.uk
Text: Michael Bohli
Das Schlagzeug ist da, immer begleitend im Hintergrund. Allerdings spielen elbow auf «Flying Dream 1» so zurückhaltend, dass man sich ab und an fragt, ob die Trommeln etwa nicht ins Studio gestellt wurden. Gross, emotional warm und von den melodischen Verzweigungen von Gitarre und Klavier bestimmt, setzen die zehn Liedern den Weg der Band fort, welcher sich bei «Giants Of All Sizes» offenbarte. Die Zeiten des Stadionrock sind vorbei, jetzt wird intim und organisch musiziert. Wichtig und weiterhin im Fokus, die unvergleichliche Stimme von Guy Garvey.
Aufgenommen im leeren Brighton Theatre Royal, besitzen die Stücke eine Aura von Klasse und Eleganz. Nicht unnahbar, sondern wie der gutmütige Onkel stets zur Stelle, elbow berühren das Herz mit diesen zurückhaltenden Aufnahmen. «After the Eclipse» ist spätestens beim zweiten Durchgang ein Lieblingslied, «Come On Blue» mit Piano und hallenden Synthesizer-Streichern ein Fundstück vergessener Epochen. Das ist weniger aufwühlend oder offensichtlich als vergangene Alben der Gruppe, trägt aber dieselben, hohen Qualitäten in sich. Mit Klarinette und Saxofon verziert, mit mehreren Gästen stimmlich erweitert.
Mit der Geduld kommt die gesamtheitliche Wirkung, elbow finden auf «Flying Dream 1» einen neuen Ansatz in ihrer Musik. Das Covermotiv mit dem alten Foto aus dem Familienalbum ergänzt die Stimmung geschickt, wieder und wieder möchte man zu diesen leicht nostalgischen Kompositionen zurückkehren. Was zuerst eventuell etwas schwach und langweilig klingen könnte wird immer grösser. Die Gruppe hat das Musizieren keinesfalls verlernt und legt mit dem neunten Studioalbum Klänge zum Genuss im Wohnzimmer vor. Mit seinen Lieblingsmenschen, oder allein.