Band: De/Vision
Album: Rockets & Swords
Label/Vertrieb: Result
Veröffentlichung: 24. August 2012
Website: devision-music.de
Geschrieben von: Dennis Bäsecke
Ein archaisches Pulsieren windet sich zu Beginn des ersten Tracks aus den Boxen hervor. Er verdichtet sich zu einem kompakten Beat und die erste devote Strophe von „Boy Toy“ erklingt. Stringenter Electro-Pop mit clever kombinierten Sounds bahnt sich seinen Weg. Ein guter erster Eindruck. Wie in einigen der folgenden Songs, wird hier die Bridge zur „Klangphantasie“ gesprengt, ohne explizit zum Refrain zurückzukehren. Eine erfrischende Modifikation der gängigen Songform. In diesem Fall verbinden sich modale Progressionen mit organisch technoiden Morphologien über einem liegenden Bass-Ton.
Das folgende „Superhuman“ fällt ein bisschen aus dem Rahmen: Zunächst die sehr eigenwillige Textverteilung im Refrain; Ein Melisma auf die letzte Silbe zu setzen ist kühn. Dann steht die Musik etwas unentschlossen zwischen Kraftwerk und Depeche Mode, und schliesslich noch die Text-Phrase „Uh-la-la-la“? Der Tonfall bleibt dennoch unverkennbar und der Song ist eine Verneigung vor den ehrwürdigen Achtzigern.
Schon in den Akkordumdeutungen des Intros von „Beauty Of Decay“ erobern sich De/Vision eine wichtige Ambivalenz. Der fast doomige Beat des Refrains und gezerrte Synthie-Linien liefern nach, was ich in „Superhuman“ vermisst habe. Irgendwie ist es gelungen, den Track regelrecht dreidimensional zu produzieren. Der Noise-Anteil und die ravenden Tonrepetitionen in der abermals breit ausgestalteten Bridge tun ihr Übriges.
Backward-Effekte und eine Gitarre, sowie der punktuelle Einsatz von „Retrosynths“ verleihen „Brotherhood Of Man“ sein individuelles Profil. Textlich wird es spätestens jetzt ernst, wenn in den Strophen ein Panorama düsterer Bilder unserer Welt vorüber zieht und im Refrain die Frage nach Gottes Masterplan aufgeworfen wird. Zugleich einfach wie schön ist der weibliche Gesang und der Song wird zu einem Höhepunkt des Albums.
Um die Mitte des Albums herum wird der Wave-Sound dann etwas lau und weist weder eine entschiedene Wendung zur Zärtlichkeit noch scharfe Eckzähne auf. Bis dann mit „Want To Believe“ ein zweiter Höhepunkt erreicht wird; Ein schwereloser Gesang bewegt sich über einer geheimnisvollen Nebelfläche. Dann kommt textlich und musikalisch sehr direkt ein Refrain, der zum innigen Choral beziehungsweise zur Liebeserklärung wird, sich aber sofort wieder in die fragile Struktur der Strophe verflüchtigt. Grossartig ist auch der abschliessende Part mit zwei echten Cello-Stimmen und einem gläsernen Synthie-Loop. Element für Element verschwindet und am Ende bleiben nur noch die beiden Streicher übrig. Ganz physisch und nah.
„Bipolar“ lässt Erinnerungen an die intimen Momente des letzten Assemblage 23 Albums wach werden. Dabei changiert die Musik zwischen kantiger Schärfe und Wärme, mittlerweile aber alles andere als unentschlossen! Zunehmend setzen De/Vision ihren Sound aus heterogenen Klängen zusammen. Dabei ergeben sich interessante Frage-Antwort-Spiele, rhythmische Muster und einfach lebendige Musik. Lebendig, wie die schneidende Synthie-Hook in „Bipolar“, wie die Bassläufe in „Mystified“ oder die weitausholenden Gesangslinien in „Running All Night“, dem kraftvollen Schlusspunkt des Albums. In diesem letzten Track wird auch sehr wirkungsvoll mit verschiedenen metrischen Varianten gespielt.
Ich habe den Eindruck De/Vision steigern sich während dieses Albums stetig. Eine Art „Selbstfindungsprozess“. Also unbedingt über Track 2 hinaus hören. Es lohnt sich!
Tracklist:
1. Boy Toy
2. Superhuman
3. Beauty Of Decay
4. Brotherhood Of Man
5. Stargazer
6. Binary Soldier
7. Want To Believe
8. Bipolar
9. Mystified
10. Running All Night
Bandmitglieder:
Steffen Keth – Gesang
Thomas Adam – Keyboard
Gründung:
1988