Sargent House / VÖ: 20. August 2021 / Alternative, Blackgaze
deafheaven.com
Text: Michael Bohli
Die Spätphase ist besser, oder doch der frühe Beginn? Wenn Bands sich entwickeln und verändern, bedeutet dies nicht nur eine Verschiebung im Klang, sondern oft eine Spaltung der Fangemeinde. Bei Deafheaven kann ich aber getrost behaupten, dass die Gruppe weiterhin so fesselnd und gut ist, wie in ihren ersten Jahren. Dass mit „Infinite Granite“ die Härte in den Songs noch kleiner werden würde, der Lärm noch weniger, das war bei den Vorabsingles schnell klar. Blackgaze war einmal, jetzt ist der verträumte Alternative Rock vorherrschend.
Der Bruch kam bereits vor dem Livealbum „10 Years Gone„, welches wie ein Abschluss der ersten Phase von Deafheaven wirkt. „Infinite Granite“ ist der Beginn einer neuen Zeitrechnung, mit weichen und flächigen Sounds, mit klarem Gesang und einer satten Portion Shoegaze. Die Emotionen bleiben im Zentrum, die Gitarrenspuren werden mit Synthesizern ergänzt. „In Blur“ ist ein solches, ergreifendes Highlight, ohne zu einem Sturm ausbrechen zu müssen, „Neptune Raining Diamonds“ gibt sich komplett den instrumentalen Flächen hin. Das funktioniert, das berührt Kopf und Herz, wie die auftürmenden Riffs von „The Gnashing“.
Ganz ohne Hullen und Gekeife kommen Deafheaven trotzdem nicht aus, man muss allerdings bis zum sechsten Lied „Villain“ warten, bis sich die Gruppe wieder in die höllische Umgebung wagt. Dann aber werden alle vernommenen Klänge noch dichter, das Album offenbart genialen Entscheidungen und Ideen. Das Schlagzeugspiel ist luftiger und vielseitiger, die Gitarren umgarnen Harmonie und Struktur, das Songwriting gekonnt wie schon immer. „Mombasa“ am Ende dann die alles überstrahlende Wucht, eine Verbindung zur Vergangenheit und ein Blick in die Zukunft.