muve on! / VÖ: 15. Oktober 2021 / Synthie Pop, Wave
crimer.ch
Text: Michael Bohli
Die Synthesizer rollen durchs Feld, es wachsen die Gitarren. In der Mitte steht CRIMER, nicht als Vogelscheuche, sondern als Lockfigur. Die Frisur sitzt, der Blick ist in die Ferne gerichtet, die Bewegungen sind messerscharf. Nachdem er den Synthie Pop mit einer riesigen Portion Achtziger-Nostalgie für die neue Generation wiederbelebt hatte, setzt der Musiker mit «Fake Nails» seine Mission fort. Das zweite Album ist weniger offensiv als noch «Leave Me Baby», will aber trotzdem Tanzen und Lebensfreude verspüren.
Mit dem Einstieg «David» wird vor allem die Atmosphäre wiederbelebt, ohne das Tempo gleich anzuziehen. Doch bereits «Church» löst die Hoffnungen auf neue Hits ein. Pathos und Sehnsucht in der Stimme, dazu das elektronische Drum mit viel Hall und der bombastische Refrain – CRIMER hat das Songwriting nicht verlernt. Da kann er sich sogar reuig und emotional geben, ohne das gross produzierte Klangbild aufzugeben («I Want You To Know»). Die Stücke finden zusammen, Stampfer wie «White Walls» lassen «Fake Nails» abheben und man dreht sich im Licht der Scheinwerfer.
Das zweite Studioalbum von CRIMER, das übrigens im Norden von London aufgenommen wurde, wirkt intimer und ehrlicher als die bisherigen Veröffentlichungen. «Deeper Kind Of Love» oder «Home Alone» zeugen von Reife, lieben die Synthesizer und die Disco trotzdem. Mit Tracks wie «Falling Apart» setzt der Künstler nicht bei der Vorfreude an, sondern präsentiert die lange Nacht in ihren letzten Stunden. Wave, Post-Punk und fantastische Sounds – die Platte lockt mit Details, wie beispielsweise in «Mr. Lonely». Ein schmissiges Vergnügen durch und durch.