Matador Records / VÖ: 9. November 2018 / Indie, Folk
xboygeniusx.com
Text: Michael Messerli
1969 hiess es Crosby, Stills & Nash. Man nannte das zwar schon damals eine Supergroup, aber die Zeiten haben sich geändert. Und dann haben sie das eben auch wieder nicht. Mit Sicherheit sind es jedoch andere Zeiten für Rockmusik und diese wird mittlerweile totgesagt, nur um sie dann zu einem späteren Zeitpunkt, und diesen werden wir noch erleben, wieder auferstehen zu lassen. Schuld daran sind viele junge Menschen, die allen Prognosen zum Trotz auf die Bühne gehen und ihre Lieder spielen. Und ebenso Schuld daran sind die vielen jungen Menschen, die sie dort sehen wollen. Und das nicht nur via Bildschirm ihres Smartphones.
2018 heisst das Trio boygenius und es sind drei junge, sehr talentierte Frauen. Stichwort Keychange. Julien Baker, Phoebe Bridgers und Lucy Dacus haben mit ihren bisherigen und vor allem mit ihren aktuellsten Alben bereits so viele tolle, intensive und authentische Songs geschaffen, dass man ziemlich optimistisch mit den Worten von Mogwai sagen kann: “Hardcore Will Never Die, But You Will“. Irgendwo zwischen Indie, Folk und Singer/Songwriter sind alle drei zu verorten und dennoch haben alle drei natürlich ihre Alleinstellungsmerkmale. Im Falle von Baker und Bridgers sind diese schon breiter bekannt. Und diejenigen von Lucy Dacus sind mit dem diesjährigen Album “Historian“ auch auf dem Sprung. Fehlt eigentlich zum Quartett nur noch Lindsey Jordan von Snail Mail, aber das kann ja noch werden.
Es gelingt besonders den ersten vier Songs dieser EP, die Vielzahl der Stärken von Baker, Bridgers und Dacus auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. “Bite The Hand“ ist Opener und Glanzstück zugleich, weil hier die Synergien am besten herausgearbeitet wurden. “Me & My Dog“ setzt danach das Talent von Phoebe Bridgers wunderschön in Szene und gleiches gilt für “Stay Down“ und Julien Baker. Das Songwriting wird danach zwar nicht mehr überraschender, aber das Potential bleibt gross. Spontan, unkompliziert und unaffektiert. Natürlich ist dies keine musikalische Revolution. Das Zeitlose steckt bei boygenius vielmehr darin, dass Menschen von Menschen inspiriert werden, dies für die eigene Kunst nutzen und daran wachsen. Weil es immer schwieriger wird, das Rad neu zu erfinden. Und das einer der Gründe ist, warum einige Menschen Rockmusik totsagen. Dabei überlebt sie uns alle. Aber das wissen Baker, Bridgers und Dacus selber schon viel besser.