Sacred Bones Records / VÖ: 21. Januar 2022 / Experimental Rock, Noise
borisheavyrocks.com
Text: Michael Bohli
Der Buchstaben allein macht wenig Sinn, im Verband mit der letzten Platte «NO» ergibt sich bei der japanischen Experimental-Rock-Band Boris aber plötzlich eine Möglichkeit. Aus der Negativität von 2020 und leider auch 2021 wird das Jetzt, «Now», mit harschen Klängen zerlegt, mit zerbrechlichen Melodien und gefühlvollem Gesang neu zusammengesetzt. Von Gitarristin Wata geleitet, ist das Album eine Reaktion auf viele Umstände und eine frische Ausrichtung in der bereits 30 Jahren andauernden Karriere der Formation.
Das bedeutet keineswegs, dass man «W» nur mit viel Vorbereitungsarbeit geniessen kann. Die neun Lieder, welche Boris vorlegen, sind ein wahres Feuerwerk an lärmigen und düsteren Klangwelten. Ambient, welche dir die Haut zerkratzt und sich darunter einnistet («I Want to Go to the Side Where You Can Touch…»), abstrakte Kompositionen mit elektronischen Erweiterungen («Drowning by Numbers») und ein urplötzlicher Ausfallschritt in Richtung Metal («The Fallen») – wow. Unberechenbar und trotzdem mit einer gewissen Schönheit, angriffig ohne gemein zu werden.
Das Schlagzeug hämmert, die Gitarren erheben sich in die Höhen und der Gesang wird zum letzten Überbleibsel der Menschheit. Auf «W» passiert vieles, Boris überladen ihr Album aber nicht, sondern finden in den 40 Minuten ein gesundes Gleichgewicht. Kleine Lieder wie «Icelina» treffen auf epische Klangwände («You Will Know (Ohayo Version)»), alle bisherigen Richtungen und Wege der Gruppe scheinen sich in dieser intensiven Musik zu vereinen.