Datum: 23. – 31. Juli 2010
Ort: KKL, Pavillon, Schweizerhof – Luzern
Das Blue Balls Festival in Luzern lockt jedes Jahr insgesamt 100’000 Besucher an und ist somit eine der grössten Musikveranstaltungen der Schweiz. Dieses Jahr fand es bereits zum 18. Mal statt. Auf dem Programm standen aber nicht nur Konzerte von Weltstars, sondern auch zahlreiche andere interessante Sachen, weswegen es sich absolut lohnte vorbeizuschauen.
Man konnte zum Beispiel hautnah miterleben, wie Kunst entsteht, da man die Möglichkeit hatte verschiedenen Street-Art-Künstlern während der Entstehung ihrer Kunstwerke über die Schulter zu blicken.
Sehr spannend war für viele auch «Meet the Artists», wo Hannes Hug jeden Tag Musiker, Künstler und andere ins Auditorium zu Talks, Interviews und Sessions einlud. Die auf 250 Sitzplätze limitierten Tickets wurden ausschliesslich via Medienpartner und Orange Citydisc Shop verschenkt. Für alle, welche die am Festival auftretenden Künstler einmal ganz entspannt in einer intimen Atmosphäre erleben wollten, war dieser Treff sehr empfehlenswert.
Des Weiteren konnte man sich auf der KKL Dachterrasse niederlassen, um entweder einen Blick über das Geschehen zu werfen und die Aussicht auf den See wie auch die Berge zu geniessen, oder es sich in der Video-Lounge gemütlich machen, wo «MTV Schweiz» Live-Konzerte und Sessions von internationalen Künstlern zeigte.
Die Leute, die sich für Musik-Fotografie interessieren, konnten die Werke, unter anderem Portraits von Gwen Stefani und Amy Winehouse, des Starfotografen Max Vadukul bewundern. Präsentiert wurden diese «Fine Art Prints» alle in Grossformat und in einer exklusiven Auflage.
Auch erwähnenswert ist der Schweizerhof, wo man noch bis morgens weiter feiern konnte. Zudem gäbe es noch viele weitere Sachen aufzuzählen, aber am besten fahrt ihr nächstes Jahr zwischen dem 22. und 30. Juli einfach nach Luzern und findet selber heraus, was es sonst noch alles zu entdecken gibt an diesem Festival. 😉
Sinéad O’Connor
Weltberühmt wurde Sinéad O’Connor mit ihrem zweiten Album «I Do Not Want What I Haven’t Got», mit welchem die damals glatzköpfige Musikerin und Sängerin 1990 ihren grossen Durchbruch hatte. Der sich darauf befindende Song «Nothing Compares 2 U», welcher übrigens von «Prince» geschrieben wurde, dürfte wahrscheinlich jedem von euch noch in Erinnerung sein. Eines ihrer Hauptmerkmale ist vor allem die einzigartige Stimme, doch zog sie vor allem damals auch immer wieder mit provokativen Auftritten und Aussagen die Aufmerksamkeit auf sich.
Mit ihrem neuen Album «Theology» im Gepäck spielte die Irin am 24. Juli im bestuhlten Konzertsaal des KKL Luzern ein Akustik-Konzert, welches bis auf den letzten Platz ausverkauft war. Musikalisch begleitet wurde sie von Kieran Kiely wie auch vom Australier Steve Cooney, welchem sie nur ein paar Tage zuvor, anscheinend in der Nähe von Luzern, das Ja-Wort gab. Für Sinéad war dies bereits die dritte Hochzeit, doch scheint sie mit ihm jetzt wohl die grosse Liebe ihres Lebens gefunden zu haben, wie sie selber während dem Konzert mit einem Lächeln im Gesicht und leuchtenden Augen erzählte.
Neben ihren bekannten Stücken aus früheren Zeiten sang sie auch einige ihrer neuen Lieder, welche beim Publikum genauso gut ankamen wie die älteren. Wie man weiss, liegt Sinéad Gerechtigkeit sehr am Herzen. Sie hat nie ein Blatt vor den Mund genommen und immer versucht den Leuten ihre Ansichten mitzuteilen, um dadurch die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Deshalb war es auch nicht überraschend, aber natürlich sehr lobenswert, dass sie einen Song allen misshandelten und sexuell missbrauchten Kindern widmete.
Für ihren Mann und ihre vier Kinder sang sie ebenfalls je ein Lied, da die Familie für sie eine wichtige Rolle spielt im Leben. Nachdem Sinéad erzählte, dass sie das eine Stück ihrem 6-jährigen Sohn widmen möchte, da dieser sie immer fragt, ob sie den «Backyard Song» für ihn singen kann, waren alle gespannt, welcher Titel wohl folgen mag. Nach den ersten Tönen war es dann klar – es handelte sich um «Nothing Compares 2 U», nach dessen Ende das Publikum mit grosser Begeisterung applaudierte.
Wie man aus vielen ihrer Texte entnehmen kann, hat sie einen starken Glauben, weshalb sie auch «Gott» den einen Song widmete – und zwei andere sogar dem Vatikan. Letzteres war dann aber doch eher sarkastisch zu verstehen, da sie von der vatikanischen Führungsspitze nicht das beste Bild hat, wie man weiss. 😉
Insgesamt war es ein sehr schönes und gefühlvolles Konzert, welches zum Schluss noch mit «Standing Ovation» belohnt wurde. Sinéad hat aber nicht nur bewiesen, dass sie eine unverkennbare Stimme hat, welche in diesem Saal von der Akustik her bestens zur Geltung kam. Sie hat ebenfalls gezeigt, dass sie Humor hat, indem sie zwischen den Songs immer wieder kleine Scherze machte, mit welchen sie den Konzertabend etwas auflockerte. Um das Publikum zu verabschieden sang sie zum Schluss noch ein kurzes Schlaflied, damit die Zuschauer dann auch sicher gut schlafen können! 😉
Apocalyptica & Van Canto
Am Donnerstag, den 29. Juli wurde es am Abend dann ein wenig düsterer in Luzern – nicht nur, weil dunkle Wolken am Himmel aufzogen und es teilweise ziemlich runter schüttete, sondern auch, weil Apocalyptica aus dem hohen Norden und die deutsche Metal-Band Van Canto zugegen waren, um den Luzernersaal zu rocken.
Dass die Finnen spinnen ist allgemein bekannt, doch sind sie manchmal auch sehr erfinderisch. 😉 So ist wohl auch Apocalyptica, der Hauptact des Abends, entstanden: die vier Gründungsmitglieder der Band lernten sich auf der Sibelius-Akademie in Helsinki kennen und beschlossen Songs ihrer Lieblingsband «Metallica» auf dem Cello nachzuspielen. Vier davon, welche sie auch für die Prüfung an der Akademie auswählten, veröffentlichten sie im Jahr 1996 und somit war ihr erstes Album geboren. Danach liess auch der Erfolg nicht lange auf sich warten, denn diese Band mit ihrem sogenannten «Cello Rock» war einzigartig – und ist es immer noch.
Sie coverten aber nicht nur Songs, sondern komponierten auch zunehmend eigene Stücke und bereits zwei Jahre nach ihrem Debut-Album konnten sie ihren ersten Höhepunkt feiern: sie durften als Vorband von Metallica auftreten. Es folgten Zusammenarbeiten mit verschiedenen Musikern und etliche Alben. In der Zwischenzeit sind sie eine der bekanntesten Bands, welche Finnland hervorgebracht hat. Auch gab es zwischendurch Um- und Neubesetzungen: zwei verliessen die Band, ein neuer Cellist, welcher früher bereits mit Apocalyptica auftrat, und ein Schlagzeuger kamen dazu.
Das Konzert im KKL war restlos ausverkauft und da die Band eine riesige Fangemeinde hat, wunderte es mich auch nicht, dass man bereits eine Stunde vor Türöffnung die ersten «Hardcore»-Fans erblicken konnte, welche auf Einlass warteten. 😉 Apocalyptica sollte jeder einmal live erlebt haben, denn die Jungs wissen, wie man das Publikum mitreisst. Wie erwartet, war es auch an diesem Abend nicht anders und der Saal kochte. Auch die Songauswahl hätte nicht besser sein können, denn es war eine optimale Mischung aus sanften und härteren Klängen.
Für die Songs mit einem Gesangs-Part holten sie sich Unterstützung von Tipe Johnson von den Leningrad Cowboys, welcher die Stücke sehr authentisch rüber brachte. Etwa in der Hälfte des Konzertes spielten sie drei Lieder in akustischer Version, unter anderem «Bittersweet», bei dessen Originalversion Ville Valo von «HIM» und Lauri Ylönen von «The Rasmus» mitsingen. Dies ist der Song, welcher Apocalyptica in den deutschsprachigen Ländern zum Durchbruch verhalf und in den finnischen Charts sogar den ersten Platz belegte. Da sie Mitte August ein neues Album mit dem Titel «7th Symphony» auf den Markt bringen, liessen sie es sich natürlich nicht entgehen, auch ein paar neue Stücke zu präsentieren.
Wer würde als Support von Apocalyptica besser passen, als eine Band, welche ebenfalls einen eigenen, unverkennbaren Musikstil hat? Genau, keine! Die Veranstalter des Festivals hatten wohl den gleichen Gedanken und luden deshalb Van Canto ein. Das Hauptinstrument der «Heavy Metal A Capella»-Band ist die Stimme, denn die Musiker singen nicht nur die Lyrics, sondern auch alle Instrumente, welche man normalerweise in einer Metal-Band verwendet. Neben einer Sängerin und vier Sängern kommt noch ein Schlagzeuger hinzu, wodurch das Ganze noch mehr Power bekommt.
Gegründet wurde Van Canto 2006 von den fünf Stimmkünstlern und dem damaligen Drummer, welcher die Band ca. ein Jahr später wieder verliess. Im gleichen Jahr brachten sie ihre erste CD heraus, worauf selbst geschriebene wie auch Cover-Songs zu hören sind. In den folgenden zwei Jahren unterschrieben sie einen Plattenvertrag, veröffentlichten ein neues Album, gaben zahlreiche Konzerte und spielten auf diversen Festivals – unter anderem auf dem «Wacken Open Air», welches zu ihren Highlights zählen dürfte. Anfang 2010 kam nun ihre dritte Platte «Tribe of Force» auf den Markt.
Wer denkt, dass eine Band, welche neben einem Schlagzeuger «nur» aus Sängern besteht, die Bühne nicht rocken kann, täuscht sich gewaltig. Die überaus sympathische Truppe mit super Bühnenpräsenz weiss definitiv, wie man das Publikum ins Schwitzen bringt. Auch wenn die Zuschauer in Luzern, vor allem anfangs, ein wenig zurückhaltend blieben, konnten Van Canto trotzdem überzeugen, wie ich dann später auch von mehreren Besuchern vernahm.
Insgesamt hatten sie rund eine Stunde zur Verfügung, um ihre Gesangskunst zum Besten zu geben und spielten unter anderem das aus ihrer Feder stammende Stück «The Mission», zu welchem sie 2006 ihr erstes Video drehten. Zudem präsentierten sie einige sehr gelungene Cover-Versionen, worunter sich «Fear Of The Dark» von Iron Maiden und «Wishmaster» von Nightwish befanden. Die kleinen Pausen zwischendurch, in denen sie viel Flüssigkeit zu sich nehmen mussten, damit ihre Stimmorgane auch immer schön geölt blieben, überbrückten sie mit viel Witz, so dass nie ein Gefühl des Wartens oder gar der Langeweile aufkam.
Geschrieben von: Jasmin Stierli