6. Juni 2018
Landesmuseum – Zürich
Band: Travis
Es war im Mai 1999, als die schottische Band Travis mit ihrem zweiten Studioalbum „The Man Who“ ihre Karriere auf den Kopf gestellt hat. Denn diese elf Songs haben ihren Namen nicht nur um die Welt getragen, sondern auch so manches Herz zum Schmelzen gebracht. Sanfter Britpop in den Zeiten der grossen Egomanen – ein Umstand, den man fast 20 Jahre später gebürtig feiern kann. Wunderbar also, war der erste Abend der diesjährigen „Unique Moments“-Reihe im Landesmuseum Zürich den leicht melancholischen Klängen dieser Scheibe gewidmet. Und ohne Umschweife startete das Konzert dann auch gleich mit „Writing To Reach You“.
Auch wenn es für Travis selber scheinbar sehr ungewohnt war, „The Man Who“ in originaler Reihenfolge und ohne Unterbrüche zu spielen, hatten die Musiker von der ersten Minute an Spass, hier in diesem wunderschönen Innenhof aufzutreten. Redefreudig erlaubte Frontman Fran Healy mit einigen Anekdoten den Blick hinter die Kulissen und offenbarte, mit „Luv“ sogar Liam Gallagher zu Tränen gerührt zu haben. Ja, die Schotten standen schon immer für die eher kuschlige und emotionale Seite des britischen Indies, das machte sich auch an diesem Mittwoch schnell bemerkbar. Selten wurden die Gitarren laut, praktisch kein Song brach aus seinem Klangbett aus.
Aber das wollte man auch gar nicht anders, denn diese Darbietung war der perfekte Anlass, um mit älter gewordenen Musikern und einem älteren Publikum den Blick zurück über die Schultern in die Jugend zu werfen. Damals, als mit „Driftwood“ oder „Turn“ Partys noch gemütlich wurden. Oder damals, als man den Kilt noch im Video zu „Why Does It Always Rain On Me?“ und nicht auf der Bühne betrachten konnte. Und überhaupt: Es ist schon erfrischend, diesen Gassenhauer bereits nach einer halben Stunde vernehmen zu dürfen – ohne Regentropfen auf dem Kopf, wie damals im Wembley.
Aber auch als die letzten Lichtblitze und Riffs von „Blue Flashing Light“ das Landesmuseum verlassen hatten, gab es viele Gründe zum Jubeln. Travis stürzten sich in ein Best-Of-Set, das nebst vielen Hits auch viele Emotionen bereithielt. „Side“, „Flowers In The Window“ oder das grosse „Sing“ – zu wenig Material konnten die Herren eindeutig nicht vorweisen. Und dass man mit dem Cover „… Baby One More Time“ die Zugaben anstimmte, machte den Erinnerungsreigen perfekt.
Man brauchte damals wie auch heute kein Lebensdesign, keinen Haarschnitt des Teufels und keine Wonderwall um das Leben zu geniessen – es reichen auch eine schöne Melodie, eine tolle Gitarrenspur und ein paar nette Worte im Ohr. Genauso fühlt sich wohl ein Sommernachtstraum an, denn es hiess am Ende nicht ohne Grund „And I’m so happy ‚cause you’re so happy“.
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
1. Writing to Reach You
2. The Fear
3. As You Are
4. Driftwood
5. The Last Laugh of the Laughter
6. Turn
7. Why Does It Always Rain on Me?
8. Luv
9. She’s So Strange
10. Slide Show
11. Blue Flashing Light
Pause
12. Love Will Come Through
13. Last Train
14. Good Feeling
15. Side
16. Re-Offender
17. Closer
18. My Eyes
19. Flowers in the Window
20. All I Want to Do Is Rock
21. Sing
Zugabe
22. … Baby One More Time (Britney Spears Cover)
23. Happy
Text: Michael Bohli
Bilder: Berend Stettler