Datum: 13. August 2014
Ort: Maag Halle – Zürich
Bands: The National / Lyla Foy
Als The National zum Abschluss ihres Konzertes in Zürich eine akustische Version von „Vanderlyle Crybaby Geeks“ spielen, als Frontmann Matt Berninger den Song ohne Mikrofon singt und das Publikum ihn dabei tatkräftig unterstützt, dann sind wir genau bei denjenigen magischen Momenten zwischen Musikern und Publikum angelangt, die man sich an jedem Konzert wünscht. Seien diese Momente noch so kurz, sie prägen das ganze Konzert und bleiben im Herzen haften, nachdem man längst wieder im Alltag ist.
Vor diesem krönenden Abschluss ist die Stimmung an diesem Abend allerdings eher verhalten. Das beginnt mit Lyla Foy und ihrer Band aus England. Eine schöne Stimme und minimal arrangierte Songs – so subtil aber, dass sie in der grossen, reizlosen Maag Halle etwas untergehen. Besser wird es, als die Lieder ab Mitte ihres Sets an Schwung gewinnen.
The National spielen anfangs auch zurückhaltend. Das liegt zunächst an der Art ihrer Musik, die mehrheitlich im mittleren Tempo-Bereich angesiedelt ist. Musik nicht zum Ausflippen, sondern zum Mitwippen – ein leiser, feinfühliger Genuss. Das liegt auch an Matt Berninger, der wenig mit dem Publikum kommuniziert und mit seinen halblangen Haaren und der Hornbrille eher aussieht wie ein amerikanischer College-Professor als ein typischer Rockstar. Wenn er nicht gerade singt, tigert er auf der Bühne hin und her, als wäre er tief in Gedanken versunken.
Dann ist aber diese Stimme. Diese unverkennbare Bariton-Stimme, die mal leise vor sich hinsingt, mal kräftig ins Mikrofon krächzt, wenn sich Berninger in einen Song hineinsteigert. Bei „Afraid Of Everyone“ und „Squalor Victoria“ verausgabt er sich, bis seine Stimme bricht, und erntet dafür grossen Applaus.
Es ist offensichtlich, dass ein Kenner-Publikum im Saal ist, denn fast jede Strophe wird mitgesungen – wobei es auch hier die nervenden Dauerquassler gibt, die man am liebsten auf den Mond schiessen möchte. Zum Glück aber überwiegen die mitsingenden Geniesser.
The National spielen einen Mix von Liedern aus ihren letzten vier Alben, von „Alligator“ (2005) über „Boxer“ (2007) und „High Violet“ (2010) bis zum aktuellen „Trouble Will Find Me“ (2013). „Bloodbuzz Ohio“ aus „High Violet“ ist der erste musikalische Höhepunkt mit seinem prägnanten Schlagzeug-Intro und der herrlichen Zeile „I was carried to Ohio in a swarm of bees“. „Graceless“ hat richtig Drive, und das lyrische „England“ und wunderschöne „Pink Rabbits“ bilden weitere Highlights. Ganz grossartig dann „Fake Empire“, das von gesamten Publikum gefeiert wird: das sind Gänsehaut-Momente, die man nicht so schnell vergisst.
Mit Zurückhaltung ist jetzt endlich Schluss. Ab „Mr. November“ ist Matt Berninger mitten im Saal. Während die Zuschauer das Mikrofonkabel hochhalten, spaziert er durch die ganze Maag Halle, kehrt zur Bühne zurück und steigt beim nächsten Song „Terrible Love“ gleich wieder in die Menge. So gewinnt er natürlich auch noch den hinterletzten Zuschauer für sich – das Publikum ist begeistert. Die Krönung dann mit „Vanderlyle Crybaby Geeks“, die beweist, dass es für eine echte Kommunikation zwischen Band und Fans nicht viel Show braucht. The National machen Musik für Erwachsene – zurückhaltend, nicht anbiedernd, steigerungsfähig und schliesslich ganz und gar magisch.
Matt Berninger – Gesang
Aaron Dessner – Gitarre, Bass, Keyboards
Bryce Dessner – Gitarre, Keyboards
Scott Devendorf – Bass, Gitarre
Bryan Devendorf – Schlagzeug
Setlist:
Don’t Swallow The Cap
I Should Live In Salt
Mistaken For Strangers
Anyone’s Ghost
Bloodbuzz Ohio
Sea Of Love
Hard To Find
Afraid Of Everyone
Conversation 16
Squalor Victoria
I Need My Girl
This Is the Last Time
Guest Room
Slow Show
Pink Rabbits
England
Graceless
Fake Empire
About Today
Mr. November
Terrible Love
Vanderlyle Crybaby Geeks (acoustic)
[Quelle: setlist.fm]
Text + Bilder: Anna Wirz