KIFF – Aarau
Freitag, 28. November 2025
Text: Torsten Sarfert
«Switzerland, are you with us? It’s Friday night!», fragte Vandoliers-Frontfrau Jenni (Gin-ee) Rose lautstark das noch leicht schaumgebremste Publikum. Zudem war auch Black-Friday-Night und so fand sich zum Vorprogramm von Skinny Lister zunächst nur eine überschaubare Anzahl an Zuschauer:innen ein. Diese jedoch wurden grossartig unterhalten. Das texanische Queer-Cowpunk-Sextett machte ordentlich Dampf: ständig in Bewegung, immer für ein Spässchen untereinander zu haben und schlafwandlerisch exakt auf dem musikalischen (Cow-)Punkt. Ich hätte gerne noch wesentlich mehr von den Stampede-artigen Vandoliers gesehen und gehört, als in die Dreiviertelstunde passte, die ihnen zugestanden wurde. Zumal die Band mit ihrer Trans-Frontfrau – die bis vor drei Jahren noch ein Mann war – so gar nicht dem landläufigen Country-Redneck Klischee entsprachen. Nicht immer überzeugen Vorgruppen derartig und passen so gut zum Main-Act wie an diesem Abend. Darüber hinaus konnte man Gin-ee’s leidenschaftlicher Anmoderation für Skinny Lister entnehmen, dass die beiden Bands mehr als nur Zweckdienliches verband.
Als Skinny Lister auf die Bühne stürmten, war alles bereit. Der Saal war deutlich besser gefüllt und die Stimmung entsprechend. Spielten die Vandoliers eingangs noch die nordamerikanische, cowpunkige Roots- bzw. Folkmusic, präsentierte das Londoner Quintett mit rein akustischen Instrumenten gewissermassen die «Roots der Roots» – allerdings in mitreissenden Punk-Versionen und (fast) ausschliesslich mit eigenem Material. Der Eindruck, dass ihre Shanties, Jigs & Reels teils wie Traditionals klingen, ist nur ein Baustein ihres Erfolgs. Die weitereren sind die unbändige Spielfreude und die familiäre Performance. Einige der Musiker:innen sind tatsächlich miteinander verwandt und der Nachwuchs mit Opa als Babysitter mit auf Tour.
Genauso familiär wurde dann auch mit dem Publikum gefeiert: der bandeigene Jug, im Publikum herumgereicht und gefüllt mit einer undefinierbaren, vermutlich nicht alkoholfreien Flüssigkeit, ist seit jeher fester Bestandteil einer Skinny Lister-Show. Als dieser jüngst im Eifer des Gefechts zu Bruch ging, musste extra Ersatz aus dem UK eingeflogen werden. Frontfrau und Wirbelwind Lorna Thomas misst sich zudem gerne im Armdrücken mit dem Publikum. Dazu begibt sich eine mehr oder weniger freiwillige Person auf alle Viere und fungiert so als Ablage für die Ellenbogen von Lorna und einer mutigen Person aus dem Publikum. Im aktuellen Fall angefeuert von Publikum und den Vandoliers, die sich mittlerweile unter letzteres gemischt hatten. Ergebnis: Nebensache – Hauptsache: Spass.
Damit nicht genug und um auch ja kein Risiko einzugehen, initiierte Lorna gleich noch höchstselbst den unvermeidlichen Circle Pit. Und nachdem das Publikum dann lichterloh brannte, wurde mit Bier abgelöscht. Da war er also, der Freitagabend. Zum krönenden Abschluss wurden die Vandoliers zurück auf die Bühne beordert, um gemeinsam «Six Whiskies» zu intonieren. Spätestens jetzt wünschte man sich, dass die wilde Party noch mindestens bis zum Samstagabend weitergehen würde. «Too Rye Ay!»
