Sijada Sessions
Humbug – Basel
Websites: Sijada Sessions / Jasmin Albash / Anna Aaron
Zwischen unüberwindbaren Metallzäunen und alten Industriefassaden wurde an einem Dienstagabend Mitte Februar in Kleinbasel fleissig gearbeitet, einzelne Laute und Lichter waren draussen zu vernehmen – inmitten der alten Gebäude, welche in wenigen Jahren Neubauten mit hohem Standard und wahrscheinlich schwerlich erschwinglichem Wohnraum Platz machen werden. Vorerst nutzt man die Räumlichkeiten aber für kulturelle Programme, wie der Club Humbug ein solches ist. Konzerte, Disco-Veranstaltungen, Kulisse für neue Ideen – man erkennt die Vielfalt bereits an den Zeichnungen und Plakatwänden.
Musikerin Jasmin Albash weiss sich das Humbug sehr gut zu Nutze zu machen, seit Herbst letzten Jahres dreht sie hier in wechselnder Besetzung die Videos ihrer Kollaborationsserie Sijada Sessions (Sijada ist arabisch für Teppich). Ins Leben gerufen, um Musikerinnen und Künstlerinnen eine neue Plattform zu bieten, um neue Zusammenarbeiten und Beziehungen zu knüpfen. Ein Gedanke, der nicht nur für die Initiantin sehr gut aufgeht, die bisherig ausgestrahlten fünf Folgen fanden vielerorts Anklang. Der logische Schritt, über die Stadt- und Kantonsgrenzen, ja gar den Zoll hinaus Frauen einzuladen, ist für Albash seit Projektstart ein Wunsch.
Selber in der Ostschweiz aufgewachsen, kennt sie die Distanzen und Widrigkeiten in der Schweiz, welche Musikerinnen insbesondere erfahren müssen. Mit den Sijada Sessions darum die Kontaktform, eine neue Darstellung gemachter Erfahrungen auf dem weissen Teppich. Gefühlvoll, ohne Schuhe, ehrlich. Als Präsentatorin nimmt sich Jasmin Albash bei den Liedern zurück, diese stammen immer von den Partnerinnen, als neue Komposition oder bisher verschlossen gehaltene Idee. Es soll frisch wirken, es soll neue Ausdrucksweisen fördern – was an diesem Abend gemeinsam mit Anna Aaron aus Basel in die Tat umgesetzt wurde.
Die Künstlerin, welche 2019 mit ihrem Pop-Album „Pallas Dreams“ landesweit begeisterte, fand zwischen den Arbeiten am Nachfolgewerk Zeit, sich an den Sessions zu beteiligen. Ein Lied aus dem eigenen Archiv wurde zur Verfügung gestellt, eine Komposition, die es bisher auf keine Platte geschafft hatte. Was zu der Einstellung von Anna passt, immer zu viel Material zu generieren, um das eigene Werk zu stärken und für situative Projekte etwas hervorzaubern zu können. Eine grosse Kreativität, wie zurzeit vielerorts in der Stadt zu verspüren ist.
„Das wusste ich schon immer!“, sagt Anna Aaron lachend, als im Gespräch die aktuell umtriebige Musikszene von Basel erwähnt wird. Nicht ganz unschuldig ist Jasmin Albash, welche nicht nur die One-Take-Sessions leitet, sondern selber im Herbst 2020 ihr Soloalbum „Gold“ veröffentlichen wird und zugleich bei Kallemi mitspielt, wie als Gesangslehrerin arbeitet. Viele Tätigkeiten, die Planung und viel Energie erfordern. Aber nicht nur die nächsten Folgen und finanziellen Hürden lassen Jasmin Albash weiterdenken, sie hat grosse Pläne für die Sijada Sessions. Was momentan nur Fantasie ist, das könnte vielleicht einmal Wirklichkeit werden – eine gemeinsame Aufnahme mit Imogen Heap aus England zum Beispiel.
Die kleine Discokugel dreht sich bereits jetzt meisterlich auf dem flauschigen Teppich, die Lichterkette leuchtet warm, der Weg ist geebnet. Mit Zweifel erreicht man nichts, das wissen die beiden Frauen sehr gut. Darum wenden sie sich alsbald wieder ihren Synthesizern und Mikrofonen zu, um vor der Aufzeichnung die gemeinsame Darbietung noch einmal zu proben. Die druckvollen Bässe, die harmonisierenden Stimmen, die fröhlichen Blicke zeigen es bereits in dem Moment: Die Zukunft der Schweizer Musikszene ist weiblich, freundschaftlich gestärkt und ohne eng gesetzte Grenzen.
Text: Michael Bohli
Bilder: Anna Wirz