21. März 2018
Volkshaus – Zürich
Band: Phoenix
Wahnsinn, wie ein bisschen Publikumsnähe die Stimmung an einem Konzert in die Höhe schnellen lässt. Wenn Phoenix-Sänger Thomas Mars mehrmals in die Menge steigt; dort herumspaziert und sich bei den Leuten bedankt, dass sie gekommen sind; sich auf Schultern hochhieven und ein Bier bringen lässt – dann zaubert das auch dem griesgrämigsten Mitmenschen ein Grinsen ins Gesicht.
Schade nur, dass das Volkshaus in Zürich nicht voll ist. Doch die Fans, die dort sind, die feiern. Und wie! Das Konzert entwickelt sich schnell zu einer Party mit Tanzeinlagen und Armschwenkern.
Das neuste Album von Phoenix heisst „Ti Amo“ und ist eine der sommerlichsten Scheiben des letzten Jahres: Disco und Italopop vermengen sich zu einer nostalgischen Fahrt durch den Süden Europas. Auf dem Album wirken die perfekt produzierten Songs fast zu sauber; live sind sie jedoch überraschend druckvoll. Das ist sicher Schlagzeuger Thomas Hedlund zu verdanken, der wie ein Berserker – ein virtuoser Berserker! – auf sein Instrument eindrescht. Aber auch die Gitarristen Christian Mazzalai und Laurent Brancowitz sowie Bassist Deck d’Arcy zerren alles aus ihren Instrumenten raus, um eine möglichst breite Soundwand zu generieren.
Mit „J-Boy“ und „Ti Amo“ schwappen aufschäumende Wogen von Synthesizer- und Gitarreklängen übers Publikum hinweg, das wunderbare „Fior di Latte“ schaltet einen Gang runter und löst ein Verlangen nach Glacé aus.
Unter den älteren Songs versetzt „Rome“ in Trance und „Lisztomania“ in Tanzstimmung. Mars nützt das Instrumentalstück „Love Like A Sunset Part I“ aus, um sich am Boden liegend zu erholen. Letztes Jahr hatte man ihn an der Decke gespiegelt gesehen, quasi im Raum schwebend – in Zürich hat die Band ihr aufwändiges Spiegel-Bühnenbild leider nicht mitgebracht. Dafür ist die Lichtshow perfekt auf die Musik abgestimmt.
„Countdown“ fällt als (fast) akustische Einlage aus dem Rahmen. Die Gitarre ist zwar verstärkt, aber es spielen nur Mazzalai und Mars; letzterer lehnt sich an die Zuschauerbarriere und zelebriert die Nähe zum Publikum.
Bei „1901“ bricht der Damm endgültig. Der „fold it“-Refrain wird lauthals mitgesungen, die Zuschauer tanzen, klatschen, jubeln. Der Abschluss wird mit einer Instrumentalversion von „Ti Amo“ zur Disco – mit Mars als Discokönig, mitten in der Menge thronend.
Ein Konzert, das wie jenes von Franz Ferdinand vor zwei Wochen unglaublich Spass macht. Eine Band, die sichtlich Freude hat, und ein Publikum, das diese Freude widerspiegelt. Lauter strahlende Gesichter, sowohl auf der Bühne wie auch im Saal. Fröhlicher gehts kaum. Das hätte gerne eine Stunde länger dauern dürfen.
Setlist [Quelle: setlist.fm]
1. J-Boy
2. Lasso
3. Entertainment
4. Lisztomania
5. Trying To Be Cool / Drakkar Noir
6. Role Model
7. Rally
8. Too Young / Girlfriend
9. Love Like A Sunset Part I
10. Love Like A Sunset Part II
11. Ti amo
12. Armistice
13. If I Ever Feel Better / Funky Squaredance
14. Rome
Zugabe
15. Countdown
16. Telefono
17. Fior di latte
18. 1901
19. Ti amo di più
Text + Bilder: Anna Wirz