22. Juli 2016
Paléo Festival – Nyon
Bands: Les Insus / Bastille / The Avener / Lilly Wood & The Prick / Deluxe / Balthazar uvm.
Gegensätze – mit diesem kleinen Spiel der Gewohnheiten machen die Veranstalter des Paléo Festival in Nyon das Erlebnis der Freiluftkonzerte zu einer neuen Erfahrung. Und wer dachte, bereits nach einem oder mehreren Tagen in Nyon alles erlebt zu haben, der wunderte sich auch am Freitag immer wieder positiv. Denn ob im Grossen oder Kleinen, hier ist nicht alles wie gewohnt. Die Menschenmassen scharten sich schliesslich erst bei den alten Helden aus Paris zur Grand Scène – und feierten den 40 jährigen Rock’n’Roll mit französischen Texten von Les Insus so richtig ab.
Da schmunzelte man als Deutschschweizer gerne mal, wie auch zuvor bei der klamaukartigen Darbietung von Giedre. Die Sängerin verband ihre Chansons mit vielen lustigen Geschichten und brachte die Leute zum Singen. Wohlgefühl bis in die hintersten Reihen – etwas, das bei Balthazar im Club Tent fehlte. Schade, dass der Funke nicht so richtig überspringen wollte, die mehrstimmigen Gesänge machen den Indie-Pop schliesslich ansprechend. Deluxe hatten keine solchen Probleme, denn ihr Party-Pop mit Dubstep und Kostümfest machte aus dem Regen schnell Wasserdampf. Den spürte man auch schier im Village Du Monde bei diversen volkstümlichen Darbietungen zu Deep Fried Mars Bar und Ale. Wohl bekommt’s!
Bastille fanden dies alles etwas zu fröhlich und verteilten mit ihrem Synth-Pop Depressionen – aber nur musikalisch. Denn spätestens als der Sänger das Band in der Menge suchte, glänzten die Augen nicht nur durch die grosse Lichtshow. Das nutzten auch Lilly Wood & The Prick und liessen mit viel Strobo und Farben nicht nur die Leggings Nili Hadidas in der Nacht strahlen – der Folkpop erreichte eine neue Ebene. Kein Wunder, sah man immer mehr Festivalgänger mit einem breiten Grinsen zwischen den Essensständen, Bühnen und schön beleuchteten Bäumen umherschweben.
Denn im Gegensatz zu kleineren Veranstaltungen in der Schweiz weiss das Paléo Festival, wie man ein solch riesiges Fest zu einem familiären Anlass macht. Hier will man unvorbereitet überrascht werden, hier will man von einem Extrem ins andere geraten – dabei Beatbox-Künstler beklatschen und gleich vom Dudelsack betört werden. Hier isst man Palästinensisch und trinkt sich durch die keltischen Länder. Hier kennt man fast keine Bands und Musiker, geht aber trotzdem mit vielen neuen Lieblingssongs und Herzensmomenten nach Hause. Und freut sich bereits jetzt auf die 42. Ausgabe.
Text: Michael Bohli