10. Februar 2018
Diverse Lokale – Baden
Bands: DJ Palalalace / Rizan Said / Lea Porcelain / Slumberland / Jaye Bartell / Guy Mandon / Hermann / Sturle Dagsland / Raoul Vignal / Jim The Barber
Website: ooam.ch
Es machte sich schon langsam in den Knochen bemerkbar. Das One Of A Million Festival 2018 bot mit seinen acht Tagen nicht nur viele Konzerte, sondern auch Stunden voller Erstaunen, Begegnungen und Schweiss. Dass der Samstag nun für ein Jahr wieder der letzte voller Konzerte in Baden sein soll, das begrüsste man mit einem lachenden und weinenden Auge. Vorerst hiess es aber noch einmal: Rein ins Getümmel!
Und mit Sturle Dagsland wurde einem im Kunstraum nicht nur gleich viel Forderndes vorgesetzt, sondern ein Duo aus Norwegen, das sich eher als Kunstprojekt denn als Band gibt. Irgendwo zwischen Beschwörungstänzen von Kobolden, einer durchgeknallten Björk und düster pochenden Ambient-Flächen musizierten sich die zwei Mannen durch ihre avantgardistische Musik. Das wäre eigentlich gar nicht so schlecht gewesen, leider führte das übertriebene Auftreten des Sängers aber schnell zu einer Übersättigung.
Gleich um die Ecke im Elektrizitätswerk ging es weiter mit Hermann aus Luzern. Das Trio mit dem vierten Bandmitglied – einem 60er Jahre Rhythm Ace! – musizierte sich durch sein erstes, selbstbetiteltes Album „Hermann„. Mit humorvollen und klugen Texten und viel Synthie wurden die Zuhörer zum Tanzen animiert. Scheinbar gefielen der Anlage aber die seetal’schen Seitenhiebe aus „Gebore i de USA“ aber nicht genauso gut – nach einer gerissenen Gitarrensaite stieg gleich alles aus. Mit tatkräftiger Unterstützung des Publikums wurde aber weitergemacht, und das Konzert schliesslich zu einem weiteren unvergesslichen Moment am OOAM.
Mit viel Verstärkung und ohne Stolperfallen zeigte sich danach Guy Mandon im Club Joy, inklusive vollwertiger Band. Der Künstler erhielt so die Möglichkeit, Lieder seines Debüts „Stream“ in voller Pracht auf die Zuschauer loszulassen. Das führte nicht nur zum wundervollen Synthie-Moment von „Planets“, sondern einer wahren, hitverdächten Performance. „Kokosfett“ wurde angefeiert, „Ich Heb De Beat Fescht“ wurde zu einem tollen Klangfest. Leicht an Jeans For Jesus erinnernd, aber immerzu organischer.
Instrumental wieder etwas reduzierter besetzt eröffnete danach Jaye Bartell in der Stanzerei den letzten OOAM-Abend. Der Singer-Songwriter aus den USA brachte musikalische Unterstützung in Form von Keyboarderin und Sängerin Laura Loriga (die auch Sängerin bei Mimes of Wine ist) mit. Zusammen spielten sie sich durch ruhige, mal melancholische und mal optimistische Songs. Jaye Bartells tiefer Bariton zog dabei alle in seinen Bann und wurde von Lauras Stimme perfekt ergänzt.
Nähmaschinen, Propeller, Föne, Holzgestelle – was bei Slumberland in der Mitte der Bühne in der Druckerei aufgebaut wurde, waren keine Instrumente, das war ein meisterlich umgebauter Gebrauchtwarenladen. Jochem Baelus aus Belgien zauberte mit viel Loop- und Effektgeräten aus den Geräuschen Melodien und Beschwörungen, was von seinen zwei Schlagzeugern zu einer tribalistischen Party ausgeweitet wurde. Abgefahren, zum Davonschweben und unaufhörlich Tanzen.
Eine ordentliche Portion Post-Punk mit einer Prise Industrial gab es anschliessend im Royal. Das Duo Lea Porcelain aus Berlin holte sich für das Konzert zwei weitere Musiker als Verstärkung auf die Bühne und lieferte eine intensive wie laute Show ab. Anschwellende Gitarren-Soundwände, schwermütigen Gesang und vibrierende Synthies gab es hier zuhauf. Obwohl der Sound oft an Grössen wie Joy Division oder The Cure erinnerte, schafften es Lea Porcelain, sich eine gewisse Eigenständigkeit zu bewahren. Dem doch recht durchmischten Publikum jedenfalls scheint es mehr als gefallen zu haben.
Zum Abschluss gab es dann in der Stanzerei noch einen Auftritt, der nicht nur neue Musik und Perspektiven an das One Of A Million Festival brachte, sondern auch Welten zusammenführte und somit Vorurteile bekämpfte: Rizan Said aus Syrien verzauberte die Besucher mit seinen Synthie-Melodien und perkussiven Mustern. Wunderbar exotisch, doch irgendwie angenehm vertraut und Balsam für die Seele – der „King Of Keyboard“ machte seinem Namen alle Ehre und war der perfekte Schlusspunkt für diese Tage des Musikwahns. Bis zum nächsten Ausgabe!