Datum: 8. Oktober 2015
Ort: Gaskessel – Bern
Bands: Mercury 7 / Souls Revival
Mercury 7, das waren die sieben Pioniere die in den 60er Jahren im Spacerace der USA und Russland den Amerikanern die Vorherrschaft im All für alle Zeit sichern sollten. Sieben handverlesene mutige Astronauten mit dem Ziel, die Grenzen der Erde zu durchbrechen. Innovativ, tatkräftig, querdenkerisch, hartnäckig und überzeugt sollten sie sein. Mit 22 Erdumkreisungen in 34 Stunden erlebte das Mercury Projekt am 15. Mai 1963 seinen Höhepunkt, bevor es kurze Zeit später eingestellt wurde.
Der Name Mercury 7 und seine Vision sollten jedoch nicht zum letzten Mal in der Geschichte von sich Gehör verlangen. Zusammengeschrumpft auf vier Pioniere sind Mercury 7 im 21. Jahrhundert in der Schweiz wieder auferstanden. Ihre Mission: In neue musikalische Galaxien vorzustossen. Ihr Mittel dazu: Authentizität, Hartnäckigkeit, Courage einem ganzen Musikgenre seinen eigenen Stempel aufzudrücken und die unbändige Liebe zu harten Gitarrenriffs und starken Melodien. Indie-Fresse-Rock nennen sie das Ganze selber und standen damit am Donnerstag in Bern auf der Bühne.
Vorher bereiteten die Musiker von Souls Revival das Publikum klanglich auf das Kommende vor. Rocker wie sie im Buche stehen. Na gut, wer neuen, experimentellen Sound suchte der war mit den folgenden Mercury 7 wohl besser bedient. Doch muss alles immer neu, nie da gewesen sein, um zu funktionieren? Nein, es geht auch einfach, dass aber mit viel Freude. Glasklarer Rock mit viel Drumbeats und Basssound klar auf den Punkt gebracht. So kann dieses Konzert gut umschrieben werden. Souls Revival setzen mit ihrem Sound dabei auf klassischen Rock. Hin und wieder mit kleinen ganz eigenen Ansätzen, die Zwischendurch durchaus aufzufrischen vermögen. Ein gelungener Auftakt in den Abend und der Beweis, dass guter Rock unvergänglich ist. Für Experimentelles war ja später noch Zeit genug.
Mit dem Gaskessel hätte die Location denn auch nicht besser gewählt sein können. Im dunklen Gewölbe, eingekapselt wie in einer Raumrakete und dann, tree – two – one – ignition. Mit dem Startsong „Fishing For Fame“ zeigten die Berner Jungs von Mercury 7 gleich ihr ganzes Potential und sorgten von Anfang an dafür, dass der Gaskessel rockt.
Das erste langgezogene Gitarrenriff liess nicht lange auf sich warten und verzückte mit seiner genüsslichen Verspieltheit. Der Gesang ein hallender Schrei in die unendlichen Weiten. Das ganze untermalt mit einer Leinwandshow deren Bilder und Filmsequenzen für sich alleine eine abendfüllende Faszination geboten hätten. Jeder Song war eine Reise in eine neue unbekannte Galaxie.
So war „Shoot Me Down“ wieder ganz anders. Ein sphärisches Intro, welches durchaus etwas länger hätte gehalten werden können, bot einen kurzen Wechsel im Stil. Mit „Hypocrite“ schoss darauf gleich wieder die Stimme des Sängers, Samuel Aebi, in den Mittelpunkt, gefolgt von einem virtuosen Zusammenspiel von Bass und Gitarre. Richtig abgehoben sind Mercury 7 dann meines Erachtens ab der Mitte des Konzerts. Angefangen mit dem Stück „Mad“, das schon fast wehmütig daherkam und dessen Gitarrenspiel noch lange nachhallen wird.
Erwähnenswert unbedingt auch „Gravity“. Ein starker instrumentaler Aufbau, bevor das ganze musikalisch und stimmlich langsam wie in Zeitlupe explodierte, herrlich. Sowieso, die Stimmgewalt des Sängers war von Beginn bis hin zum Schluss phänomenal. Perfekt gehaltene Töne im Wechsel mit komplexen Textstellen, so wie im Stück „Terminal Fight“ liessen das begeisterte Publikum Freudensprünge vollführen, die die Schwerkraft überwanden. Es war ein ständiger, überaus gelungener Wechsel zwischen harten bis in die Vollendung vollführten Instrumentalteilen mit dazu perfekt abgestimmtem Gesang.
„Superhero“ ein Song, wie die Band selber. Superhelden mit der unbändigen Tatkraft, Rock neu zu definieren. Der Schlusspunkt setzte das Stück „Deeper“ welcher nochmals das ganze Können der Gruppe zum Vorschein brachte. Dass sich jeder der vier Vollblutmusiker in dieser Zusammensetzung selbst verwirklichen kann, zeigte sich hier eindrucksvoll.
Mercury 7, diesen Namen sollten wir so schnell wohl nicht wieder vergessen. Denn es haben sich 4 gestandene Künstler gefunden, die bereit und gewillt sind eine neue Rock Ära einzuleiten. Durchaus, es vermag noch etwas gefeilt zu werden. Beispielsweise liesse sich das eine oder andere, bereits jetzt schon sagenhafte Intro, noch etwas in die Länge ziehen – noch mehr Klangboden verschaffen und vielleicht sind diese Profimusiker gelegentlich schon fast zu perfektionistisch unterwegs.
Doch Mercury 7 sind ja erst am Anfang einer aus meiner Sicht verheissungsvollen Karriere. Vergleiche ziehe ich ja nie gerne. Doch komme ich hier wohl nicht drum herum um das Gehörte zu erklären. Und das obwohl dieses galaktische Ensemble nirgends so wirklich angesiedelt ist. Am ehesten finden sie ihren Platz irgendwo zwischen Rage Against The Machine, Skunk Anansie und den Foo Fighters. Obwohl auch dieser Vergleich bisweilen hinkt. Mercury 7 sind dermassen eigenständig und authentisch, dass ein Vergleichswert erst noch erfunden werden muss. Es ist wohl eher so, dass in dieser Gruppe das Potenzial schlummert, dass sich eines Tages andere Musiker freuen können, mit Mercury 7 verglichen zu werden. Am besten lässt man sich selber von diesem Pioniergeist die Ohren betören, wie hier mit dem offiziellen Video zu „Keep Me Alive“.
Over and out.
Setlist:
Fishing For Fame
Attention Please
Shoot Me Down
Hypocrite
Alien
Mad
Keep Me Alive
Gravity
Interplay
Absolute Zero
Terminal Fight
In 4
Superhero
Stonethrow
Deeper
[Quelle: setlist.fm]
Text: Sebastian Leiggener