1. September 2018
Kosmos – Zürich
Website: kosmos.ch
Als plötzlich der riesige Kuchen, besetzt von Planeten und funkensprühend in den Saal gerollt wurde, da war endgültig klar: Dieses Kulturzentrum feiert mit all seinen Besuchern, Mitarbeitenden und Unterstützenden. So wurde die Podiumsdiskussion zwischen den drei Projektinitianten (Bruno Deckert, Samir, Martin Roth) und dem Moderator Patrick Frey mit einem gemeinsamen Schmaus beendet. Das Kosmos existiert nun seit einem Jahr und das darf man auch geniessen, schliesslich war es zu keiner Sekunde keine einfache Leistung, hier am Ende der Europaallee in Zürich ein neues Kulturzentrum aufzubauen. 365 Tage später wissen wir alle nun, es hat sich mehr als gelohnt und war ein wichtiger Schritt, den Zürich nötig hatte.
Sechs Kinosäle, welche auch als Auditorium genutzt werden, ein wunderschöner Buchsalon, das offene Forum, der grosszügige Club und das schicke Bistro – in diesem Kosmos finden alle Arten von Kultur zusammen und vermengen sich zu neuen Formen der Veranstaltung. Um das erste Jahr abzuschliessen wurde darum eine interdisziplinäre Rückschau zusammengestellt, die nicht nur die Highlights des Beginn aufnahmen, sondern zugleich die Zukunft in Empfang nahm. Es wurde analysiert, gelacht, gestaunt und getanzt.
Mit einer Sonderepisode kehrte „Voyager III“ auf die Bühne zurück und liess nebst Geschäftsführer Martin Roth am Schlagzeug den Initianten des Philosophie-Festivals Urs Siegfried zu Wort kommen. Michael Flury und Hank Shizzoe füllten die goldene Schallplatte mit neuen Inputs und ergründeten mit ihren Gästen, wieso man ausserirdische Wesen auf Züridütsch grüssen sollte, oder wieso sich Anna Ternheim dazu eignet, musikalische Botschaften in die Weiten des Alls zu senden. Urs Siegfried sorgte dann wohl auch für den schönsten Satz des Abends, als er den täglichen Wecker als Kulturgut bezeichnete.
Aufgeweckt und wunderbar sarkastisch zeigte sich danach Astrophysiker Ben Moore, der mit einer abgekürzten Version seiner „Science Late Night“-Talkshow im Foyer dafür sorgte, dass Wissen und Lacher eine Einheit bildeten. Elon Musk und gewisse grosse Denker der Geschichte wurden nicht verschont, dafür alte Fragen beantwortet. So wurde ergründet, ob denn nun wirklich das Ei oder doch das Huhn zuerst war, wieso Eier explodieren können und warum der Tesla Roadster wohl nie Mars erreichen wird. Wissenschaft kann halt doch spassig sein!
Um die gemütliche Runde nicht wieder zu sprengen, gaben Lea Lu und ihre Begleitstimmen danach ein zartes und gefühlsvolles Konzert vor vollen Rängen. Mit leichten Gitarrenklängen und betörendem Gesang wurde Pop mit dem Sternenhimmel und der Kunst des Singer-Songwriter gemischt. Auch sie war im ersten Jahr bereits ein Gast im Kosmos und fühlte sich auch an diesem Samstag in den modernen und hübschen Räumlichkeiten wohl. Wie die Gäste und Neugierigen, war der gesamte Tag doch eine lockere und ungezwungene Angelegenheit.
Und als sich dann zur späteren Stunde die Leute in den Klubbereich begaben, war eindeutig klar, dass der Kosmos alle Schichten und Möglichkeiten einer kulturellen Zeit bietet. Tanz und Spass, Ernsthaftigkeit und Wissen, Zusammenfinden und Austausch – ein grosses und offenes Haus für interessierte Denker. Eine Zone, in der sich Kosmonauten und die Bodenhaftung die Hand geben. Und ja, auch dieses Mal schaffte ich es nicht, ohne neue Bücher das Gebäude zu verlassen. Die Auswahl im Buchsalon ist einfach zu gut!
Text: Michael Bohli