21. Dezember 2016
Schüür – Luzern
Bands: Knöppel / Jack Stoiker
Bierflaschen, aber jetzt echt überall. Reihenweise am Bühnenrand, zerbrochen am Boden, praktisch leer in meiner Hand und zahlreicher als die Besucher – Jack is back, und die anonymen Alkoholiker drehen durch. Nicht nur die zum Glück, sondern ganz viele Wichser aus der Inner-, Ost- und Sonstwoschweiz wagten sich vor den heiligen Tagen noch einmal nach Luzern in die Schüür, um die Punk-Sau rauszulassen. Knöppel ist nicht nur das inländische Musikhighlight 2016, sondern auch live ein Grund um den Mittwochabend in Alkohol und Musik zu ertränken.
Denn Jack Stoiker hat sich nach vielen Jahren in musikalischem Abseits (Wow, grossartige Witz du Wichser) wieder nach vorne gedrängt und mit seiner neuen Band Knöppel das herrliche Mundart-Punk-Album „Hey Wichsers“ veröffentlicht. Darauf findet man nicht nur 18 schrammige und unsaubere Lieder, irgendwo zwischen kaputter Gitarre und besoffenem Sänger, sondern auch fantastisch absurde Texte im St.Galler-Dialekt. Was auf den ersten Blick debil zu sein scheint, stellt sich nach kurzer Zeit als oft sehr grossartige Gedankengänge über die aktuelle Welt – oder zumindest den Alltag der Schweiz – heraus. Und somit war es auch klar, dass man als Besucher der Schüür nicht nur laut mitjohlen konnte, sondern immer wieder Tränen lachte.
Natürlich nimmt sich eine Band wie Knöppel auch nicht bierernst (Stark, du Wichser) und konnte somit nicht nur mit ihren kaputt wirkender Musik in klassischer Dreierbesetzung punkten, sondern auch mit wirren Ansagen und grossartigen Anheizern für das Publikum. Wobei dieses bereits von der ersten Minute an gewilligt war, den Abend zu einer lauten und wunderbaren Party zu machen. Die Texte wurden konstant mitgesungen, die Band beklatscht und Midi in Dialoge miteinbezogen. Dies machte den Auftritt eine wunderbar gelassene Sache und Musiker wie auch Besucher fühlten sich wohl. Oder vielleicht waren auch die überproportional vielen Frauen im Publikum der Grund.
Oder, dass Jack Stoiker sich gleich selber als Support begleitete und somit den Fans endlich wieder die Gelegenheit bot, seine alten Hits wie „Uf em Liintuech“, „Die Tütsche sind blöd“ oder „Regina“ zu geniessen. Stoiker mit elektrischer Gitarre, begleitet von Marc Jenny am Kontrabass und im Anzug gekleidet, führte schnell in den niveauvollen Abend ein. Und plötzlich wurden einem nicht nur neue Punk-Welten geöffnet, sondern auch Alltagsmomente erschienen in neuem Licht. Oder gar nicht mehr, wegen diesem heimtückischen Gebräu in braunen Flaschen.
Text: Michael Bohli