2. März 2018
Stall 6 – Zürich
Band: Ghostpoet
Die Präsenz von Obaro Ejimiwe ist ja unscheinbar. Er wirkt nämlich etwas verwirrt, als er die Bühne betritt und zu den ersten Takten seiner Band zwischen den Instrumenten hin und her wandert – aber der Eindruck täuscht. Denn der Musiker aus London ist zwar nicht so extrovertiert wie andere Künstler, nimmt aber schnell mit seinem Ausdruck, seiner Stimme und seinen Songs gefangen. Als Ghostpoet ist er seit 2009 dafür verantwortlich, dass der Alternative Rock mit gesprochenen Texten und elektronischen Beats schön düster bleibt und man den Trip-Hop nie ganz vergisst. Und mit seinem neusten Album „Dark Days + Canapés“ hat dies wieder bestens funktioniert.
Ein grosser Grund zur Freude also, hat Ghostpoet nun endlich die Schweiz besucht und sich für eine lange Nacht im Stall 6 in Zürich niedergelassen. Mit vielen neuen Liedern und einer ausgesuchten Mischung älterer Tracks gab es auch für jeden Besucher das persönliche Highlight. Wobei die Konzerte des Engländers ja weniger eine Steigerung, sondern eine immerzu dahinfliessende Meditation sind. Betört von Ejimiwes tiefer und angenehmer Stimme wurde man in „(We’re) Dominoes“ oder „Freakshow“ hineingezogen, nur um dort im Innern vom perkussiven Schlagzeugspiel durchgerüttelt auf die Bass- und Gitarrenspuren losgelassen zu werden.
Es benötigte nicht viele Ausbrüche oder harte Stellen, viel eher gelang es den Musikern, zurückhaltend eine grosse Intensität zu kreieren, die sich auch in einzelnen Synthiemelodien entlud. Ob ein Song nun eher digital mit viel Basslinien und elektronischem Drum die Gedanken durcheinanderwirbelte oder man doch auf schneidende Riffs und prägnante Sätze zurückgriff – Ghostpoet und seine Begleiter eröffneten uns eine neue Sichtweise auf die Geheimnisse der Nacht. Perfekt passend also, begann das Konzert auch nicht mehr so viele Minuten vor der Geisterstunde.
In diese tanzte und träumte man sich dann gemeinsam mit den anderen Anwesenden und den Musikern hinein und fand viel Bestimmung in der tollen Mischung aus angedeuteter Erotik, geschickt ausformulierter Sozialkritik und immer unglaublich tanzbaren Rhythmen. Ghostpoet machte seinem Namen alle Ehre und fungierte an diesem Konzert in Zürich wie der Spike Lee der Rockszene: Aktuell, ohne Furcht und doch komplett eigenständig. Wie ein schwarzes Märchen, über dessen Verlauf man sich am nächsten Tag nicht mehr so ganz sicher sein konnte, aber immer noch die magische Wirkung in allen Gliedern spürte.
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
1. Many Moods At Midnight
2. Better Not Butter
3. X Marks The Spot
4. Dopamine If I Do
5. Karoshi
6. Yes, I Helped You Pack
7. Woe Is Meee
8. (We’re) Dominoes
9. MSI musmiD
10. The Pleasure In Pleather
11. Trouble + Me
12. Meltdown
13. Shedding Skin
14. Live>Leave
15. Sloth Trot
16. Blind As A Bat
17. End Times
18. Immigrant Boogie
19. Freakshow
Zugabe
20. Cash and Carry Me Home
21. Survive It
22. Off Peak Dreams
Text: Michael Bohli