Fête des Lumières
8. Dezember 2016
Lyon – Frankreich
Jedes Jahr im kalten Dezember macht man in Lyon die Nächte zum Tag und feiert ein ganzes Wochenende lang das Licht. Das Fête des Lumières lockt seit vielen Jahren nicht nur alle Bewohner der Stadt aus ihren Häusern, sondern auch viele Touristen aus der Nachbarschaft und dem Ausland in die Gassen. Im Gegensatz zu anderen Paraden und Aktivitäten stellt dieses Fest aber nicht eine billige Darbietung mit Kerzen unter Statuen dar, sondern ist eine moderne Reise zwischen Kunst und Wirkung.
Aufgrund der aktuellen Situation wurde das Fête des Lumières in diesem Jahr zwar etwas verkleinert, doch für den neugierigen Besucher der französischen Stadt boten sich weiterhin fast 40 Installationen und Experimente zur genauen Betrachtung an. Eine kluge Planung im Vorfeld war nötig, um die nächtlichen und kalten Stunden ohne zu grosse Hektik geniessen zu können. Durch die Menschenmassen war das Vorankommen an gewissen Stellen in der Altstadt schliesslich fast unmöglich, hier musste man sich mit dem Strom treiben lassen. Aber auch so fand man den Weg zu sehr unterschiedlichen und faszinierenden Präsentationen.
So wuchsen vor den Augen der Menschen künstliche Wälder aus den Pflastersteinen, farbig pulsierend zu treibendem Ambient. Weiter vorne am Place Bellecour wurde man optisch und akustisch in die Zeiten der Jahrmärkte und Gaukler entführt und behielt auf dem Riesenrad die Übersicht, nur um am anderen Ende des Platzes von LED-Stäben in die kalte Sci-Fi entführt zu werden. Flackernde Lichter, untermalt von befremdlichen Klängen – Vangelis hatte es bei „Blade Runner“ nicht anders gelöst. Das passte auch zu den tiefen Temperaturen, welche aber in den Massen und zwischen Glühweinbechern nicht so stark zu spüren waren.
Um sich komplett gegen kalte Glieder zu bewahren, gab es aber eine perfekte Möglichkeit: Versteckt neben einer Baustelle wurde ein Betonmischer mit Spiegelstückchen beklebt und somit zu einer riesigen Disco-Kugel umfunktioniert. Dazu liefen über Lautsprecher die passenden Hits und viele Leute liessen sich zu spontanen Tänzchen hinreissen. Allgemein sah man überall in der Stadt lachende Personen, fleissige Fotografen und gut gelaunte Entdecker. Das Lichterfest ist seinen guten Ruf nicht nur wert, auch zeigt es die fantastischen Möglichkeiten der Verbindung von Sound und Licht.
Farben und Helligkeit entfalten mit der Musik ihre grosse Wirkung, dank gespenstischen Klangkompositionen werden bekannte Gassen zu fremdartigen Gebieten. Egal ob man sich nun in einer Asia-Techno-Disco unter freiem Himmel befindet oder zwischen Laserstrahlen die Verwandlungen von Electronica begutachtet – Klangforscher kommen hier auf ihre Kosten. Und wer die Reise nach Lyon mit einem Konzertbesuch verbindet, gewinnt somit gleich doppelt.
Text: Michael Bohli