8. Dezember 2016
Hallenstadion – Zürich
Band: Elton John
Vor vielen Jahren schenkte mir meine Grossmutter eine Kassette, auf der die Musik zu einem gewissen Film über Löwen und deren Monarchie zu finden war. Doch ich fand schon damals die Rückseite interessanter, gab es da schliesslich viele Lieder eines Musikers zu entdecken, der mit seiner Stimme und dem Klavier perfekte Soft-Rock-Songs ausformulierte. Und wär hätte gedacht, dass ich viele Jahre später eben diesen Sir Elton John bei einem 20. Auftritt im Hallenstadion bewundern dürfte? Das englische Talent war zwar mit seinen 69 Jahren nicht mehr der agilste, doch an seiner Show liess er wenig zu wünschen übrig.
Kein Wunder, weiss Elton John doch mit so vielen Hits zu jonglieren, dass der Auftritt in Zürich sehr schnell vorüber war. Sicherlich, viel Gewicht lag auf den Balladen und ausgedehnten Versionen seiner Stücke – somit gab es gewisse Momente, in denen man eher im Sitz versank als wild zappelte. Doch wenn der Herr im glitzernden Anzug (mit Initialen bestickt) seine Finger flink über die Klaviatur gleiten liess, kam Leben in das Stadion. „The Bitch Is Back“, „Philadelphia Freedom“, „I’m Still Standing“ oder „Have Mercy On The Criminal“ – hier wurde der Rock’n Roll und Boogie ausgepackt, hier bewegte sich auch die ältere Generation mit viel Freude.
Erstaunlich war, wie wenig Platz seinem bereits 32. Studioalbum „Wonderful Crazy Night“ eingeräumt wurde. Mit nur zwei Liedern war der Gegenwartsmoment sehr kurz, „Looking Up“ unterhielt aber besonders mit der visuellen Zusammenfassung von Elton Johns Karriere. Auf dem riesigen Screen flitzten Brillen, Muster, Farben und ausgefallene Kostüme umher und thronten über der Band. Allgemein waren die Showelemente zwar unauffällig, aber perfekt ausgearbeitet – was auch auf seine Begleitband zutraf. Die Musiker sind Meister ihres Fachs und spielten freudig, durften aber leider selten aus den vorgelegten Bahnen ausbrechen. Dies bewirkte zusammen mit dem eher schlimmen Klang im Hallenstadion eine sehr klinische Wirkung. Wo ist hier das Rebellentum? Hervorzuheben sind allerdings Perkussionist John Mahon und die alten Begleiter Davey Johnstone an der Gitarre und Nigel Olsson am Schlagzeug.
Und wenn schon Klischees bedient wurden, dann durfte mein Herz sich auch bei Liedern wie „Your Song“, „Don’t Let The Sun Go Down On Me“ oder „Goodbye Yellow Brick Road“ erweichen. Sicherlich ist ein solcher Abend das perfekte Programm für Menschen, die zu Hause pflichtbewusst ihre 10-CD-Sammlung verstauben lassen – aber Elton John suchte viel den Kontakt zu den Besuchern, spielte ein Klaviersolo vor „Rocket Man“ und steuerte seine Mannen sogar in eine Jam-Session während „Levon“. Da vergab man dem Anlass sogar das Aufblitzen einer Doppelhalsgitarre oder das unvermeidliche Lodern der Kerze im Wind.
Setlist
1. Funeral For A Friend/Love Lies Bleeding
2. The Bitch Is Back
3. Bennie And the Jets
4. I Guess That’s Why They Call It The Blues
5. Daniel
6. Someone Saved My Life Tonight
7. Looking Up
8. A Good Heart
9. Philadelphia Freedom
10. Rocket Man (I Think It’s Going to Be A Long, Long Time)
11. Tiny Dancer
12. Levon
13. Goodbye Yellow Brick Road
14. Have Mercy On The Criminal
15. Sorry Seems To Be The Hardest Word
16. Your Song
17. Burn Down The Mission
18. Don’t Let the Sun Go Down On Me
19. I’m Still Standing
20. Your Sister Can’t Twist (But She Can Rock ’n Roll)
21. Saturday Night’s Alright For Fighting
Zugabe
22. Candle In The Wind
23. Crocodile Rock
Text: Michael Bohli
Bilder: Anna Wirz