Datum: 24. August 2014
Ort: Steinberggasse – Winterthur
Band: Elbow
Konzert-Bilder direkt HIER
Ich mache es unspannend und beginne gleich mit dem Fazit: was an diesem Abend mit Elbow an den Winterthurer Musikfestwochen abging, war traumhaft. Wäre dies ein Twitter-Kommentar, so könnte ich hiermit aufhören. Aber über Elbow gibt es einiges zu sagen. Zum Beispiel, dass die Band aus Manchester stammt. Dass Elbow in England schon längst zum nationalen Kulturgut gehören. Und dass Sänger Guy Garvey mit seiner warmen, Peter Gabriel-ähnlichen Stimme ein unglaublich sympathischer Zeitgenosse ist.
Nach dem Erfolg ihrer beiden letzten Alben – „The Seldom Seen Kid“ (2008) und „Build A Rocket Boys!“ (2011) – veröffentlichten Elbow in diesem Frühjahr ihr neustes Werk „The Take Off And Landing Of Everything“, das in Grossbritannien auf Platz 1 landete.
Elbows Musik und Liedtexte sind ganz und gar britisch im Ausdruck: es ist die Rede von Kranführern („come on, tower crane driver / oh so far to fall“), von Löchern in der Nachbarschaft („there’s a hole in my neighbourhood / down which of late I cannot help but fall“), von der Tatsache, dass ein einziger schöner Tag im Jahr schon ausreichen würde („one day like this a year would see me right“). Wortspiel („we took the town to town last night“) und Witz („when my face is chamois creased“) sind bei Elbow an der Tagesordnung.
Und tatsächlich scheint sich ihre einzigartig britische Ausstrahlung auch auf das Musikfestwochen-Publikum ausgewirkt zu haben: überall wird Englisch gesprochen; Expats aus der ganzen Schweiz sind angereist, um Elbow zu sehen. So wundert es nicht, dass sich Winterthur an diesem Abend wie ein Kleinstädtchen in England anfühlt, mitsamt Pub-Stimmung und wortgenauem Mitsingen.
Guy Garvey hat die Zuschauer vom ersten Ton an im Griff: einerseits ist seine Stimme herzerwärmend schön, andererseits ist er ein witziger Frontmann, der sich aufrichtig mit dem Publikum austauscht. Als ihn eine Person fragt, was er denn auf der Bühne trinke, meint Garvey: „the elixir of eternal life“ und reicht unter Publikumsgelächter seinen Becher in die Menge runter. Er bekommt dafür aus der Zuschauermasse ein frisches Bier geschenkt.
Die in Studioaufnahmen überwiegend ruhigen Songs von Elbow bekommen live eine packende Dynamik. „The Birds“ zum Beispiel ist erst mal drei Minuten lang ein gemächliches Lied, doch dann setzt im Hintergrund das Vogel-nachahmende Gezwitscher eines Keyboards ein – und diese zusätzliche Soundschicht verbreitet einen unwiderstehlichen Groove. „Grounds For Divorce“ ist schon von Anfang an der Kracher – zumindest für Elbow-Verhältnisse – und wird unter Zuschauerbeteiligung zu einem der Highlights des Konzerts. Auch der „Lippy Kids“-Refrain („build a rocket boys!“) wird aus vollen Kehlen mitgesungen. Die neuen Songs „Charge“, „New York Morning“ und „My Sad Captains“ kommen ebenso gut an wie die älteren Nummern.
Natürlich darf zum Schluss „One Day Like This“ nicht fehlen. Das Lied ist durch seine Allgegenwärtigkeit fast zu gefällig geworden, aber nur ein Herz aus Stein könnte dem Song widerstehen.
Wie gesagt: traumhaft.
Setlist:
Charge
The Bones Of You
Fly Boy Blue / Lunette
Real Life (Angel)
The Night Will Always Win
New York Morning
The Loneliness Of A Tower Crane Driver
Mirrorball
The Birds
Grounds For Divorce
My Sad Captains
Lippy Kids
One Day Like This
Text + Bilder: Anna Wirz