29. April 2019
X-TRA – Zürich
Bands: dEUS / Trixie Whitley
„You Know The Beginning And The End. Not Of Life But Of The Ideal Crash.“ Und wie, denn bereits nach den ersten, schrägen Gitarrenklängen von „Put The Freaks Up Front“ war im Publikum kein Halten mehr zu spüren. Durchgeschüttelte Körper, Freudenschreie, hochgehaltene Fäuste – dEUS waren in Zürich und liessen uns alle für einen Abend 20 Jahre jünger sein. Denn mit ihrer aktuellen Jubiläumstour zum 20. Geburtstag von einem der besten Alternative-Rock-Alben der Neunziger, hiess es in Erinnerungen schwelgen und geniessen.
Dass die Belgier ihre neuste Konzertreihe unter diesem Banner führen, das ist mehr als verständlich. Nicht nur unter den Fans von dEUS gilt der ideale Unfall als wegweisendes Stück Musik, perfekt durchkomponiert und in der richtigen Balance zwischen Lärm und unvorhersehbarem Art-Rock. Im X-TRA wurde dieser Spaziergang auf dem Hochseil ohne zu schwanken durchgeführt – mit lauten Gitarren- und Geigenangriffen, mit mehrstimmigen Gesängen und emotional mitreissenden Harmonien.
Allgemein drehte sich vieles um diese stimmungsvollen Wandlungen, diese Passagen, welche urplötzlich die Atmosphäre der Songs herumrissen und aus sanfteren Stücken laute Diskussionen zwischen den Instrumenten werden liessen. Fast hatte man vergessen, wie grossartig das Songwriting von Liedern wie „The Magic Hour“ oder „Let’s See Who Goes Down First“ schon immer war. Aber dEUS musste man noch nie belehren, so zeigten sie sich natürlich in Zürich schelmisch selbstsicher und dirigierten ihren Auftritt mit der originalen Songreihenfolge fast akademisch durch.
Überraschend als Gegenpol wurde eine kleine Gruppe von Tänzerinnen und Tänzer auf der Bühne begrüsst, welche einzelne Akzente während dem Konzert setzen durften. Da sich meist nur Tom Barman viel zu bewegen weiss, liessen dEUS ihre statische Seite aufbrechen und verliehen der Bühne somit einen Hauch des Covers von „The Ideal Crash“. Denn nicht nur die Beleuchtung imitierte die Fotografie, auch die Tanzgruppe warf sich immer wieder, wie von einem Fahrzeug getroffen, auf die Bühne.
Eine Metapher, welche sich für den gesamten Abend etablierte, war der Auftritt ein Volltreffer in das Herz, den Kopf und Körper. Barman rief bei „Quatre mains“ laut „OK Go!“, die Band und Songs gehorchten mit unglaublicher Intensität und einem fesselnden Ausdruck. Für einen Montagabend lang wurde das klangliche Zeitreisen perfektioniert, am Ende mit Rosen ausgeschmückt und ohne Aufprall zu Ende gebracht. dEUS waren endlich wieder in Zürich und zeigten ihre Genialität, auch ohne neue Lieder.
Etwas unsicher war der Beginn im X-TRA, denn die belgische Künstlerin Trixie Whitley musste sich mit ihrem Schlagzeuger zuerst auf der grossen Bühne finden. Wobei gerade letzterer mit seinem abwechslungsreichen Spiel den Songs immer wieder Gewicht verlieh. Indie-Rock mit elektronischen Untertönen, intime Aussagen mit lauten Gitarrenakkorden – die Lieder ihres neusten Albums „Lacuna“ zeigten sich als kleine Erzählungen mit netten Eigenschaften. Dass sie ihre Nervosität erst beim letzten Song am Schlagzeug ablegen konnte war schade, kleine Gedankenspiele wie „Fishing For Stars“ deswegen nicht weniger angenehm.
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
1. Put the Freaks Up Front
2. Sister Dew
3. One Advice, Space
4. The Magic Hour
5. The Ideal Crash
6. Instant Street
7. Magdalena
8. Everybody’s Weird
9. Let’s See Who Goes Down First
10. Dream Sequence #1
Zugabe
11. Quatre mains
12. Fell Off The Floor, Man
13. Nothing Really Ends
14. Roses
Text: Michael Bohli
Bilder: Christian Wölbitsch