Bierhübeli – Bern
Freitag, 23. Februar 2024
Text: Adrian Portmann / Teaser Bild: Sofiia Roshchyna
«Ruhestand war doch nix für mich.» heisst es auf der Website von Bonaparte. Fünf Jahre nach seiner Abschiedstournee ist der Berner mitsamt Band und Tänzer:innen wieder auf Tour. Besonders interessant dabei ist das Konzept der jeweils zwei Konzerte pro Stadt. Mit «The Quiet» und «The Riot» konnten sich nun die Fans entscheiden, welche Musik sie wieder live erleben möchten: die neueren, eher ruhigen Stücke oder die alten, schweisstreibenden Knaller. Ich entschied mich für die Show «The Riot», welche letzten Freitag im Bierhübeli zur kompletten Ekstase führte.
Mit ein wenig Verzögerung startete Tim Fite, der bereits mehrmals mit Bonaparte die Bühne teilte, den Abend. Eine schwarz maskierte Person kündigte den Amerikaner an, woraufhin dieser mit grossem Elan die Bühne betrat. Während im Hintergrund selbstgezeichnete Animationen auf eine Leinwand projiziert wurden, performte er alleine einen abwechslungsreichen Mix seines musikalischen Repertoires. Dabei wurde stetig mit dem Publikum interagiert, welches mit der Zeit immer mehr auf seine lockere und hibbelige Art ansprach. Voller Freude bekundete der Künstler seine Liebe zu Bern und promotete gleichzeitig seine demnächst in der Hauptstadt startende Kunstausstellung. Manchmal machte es den Anschein, als würde Tim Fite die Leute wie ein Orchester lenken. Ohne nachzudenken wurden die amüsanten Anweisungen befolgt und bei Songs wie «Burn It Down» lautstark mitgesungen. Zur Abrundung der Show gab es gelegentlich kleinere animierende Ansprachen, wobei die Leinwand mit Zeichnungen und Texten immer wieder eine zentrale Stelle einnahm.
Nach diesem tollen Auftakt passierte etwas Unübliches. Als die Leinwand entfernt wurde, betraten bereits kurz darauf einzelne Musiker die Bühne und uns allen wurde klar, dass die Show nun ohne Unterbruch weitergehen würde! Dies wurde äusserst positiv aufgenommen. Als die Band ihren Platz eingenommen hatte, ging es knallhart los. Bonaparte begann mit dem Hit «Anti Anti» und als der Cannonman sowie die Tänzer:innen dazustiessen, drehte das Publikum komplett durch. Es folgte eine Aneinanderreihung der explosivsten Songs des Künstlers. Wie viele wissen, steht aber bei einem Bonaparte Konzert die visuelle Show neben der Musik ebenfalls im Mittelpunkt. Nicht ohne Grund wird das Gesamtkunstwerk als Visual Trash Punk bezeichnet. Die verschiedenen Tänzer:innen, gekleidet in den ausgefallensten Kostümen, präsentierten eine skurrile und zugleich sehr interessante Performancekunst. Eine Tierfigur mit Sonnenschirm, erotische Tanzeinlagen, eine sich mit leuchtendem Absperrband umwickelnde Frau, die Liste an fesselnden Showmomenten war gross. Passend zum Song «Computer in Love» kamen zwei Personen mit Röhrenmonitoren auf dem Kopf auf die Bühne. Aber auch der Einsatz von Glitzer, Sekt und Kunstblut kam nicht zu kurz.
Die Partystimmung in der Crowd wie auch der Lautstärkepegel stiegen immer weiter in die Höhe. Besonders bei den alten Hits wie zum Beispiel «Wir sind keine Menschen» war der Gesang von Tobias Jundt aufgrund der vielen mitschreienden Fans kaum mehr hörbar. Ebenfalls aufgedreht begab sich der Sänger gleich mehrere Male in die Zuschauermenge hinein. Die Aufgabe, dabei das Mikrofonkabel sicher über das Getümmel und wieder zurückzuleiten, sowie den Sänger zu unterstützen, meisterte die Stagecrew jeweils mit Bravour. In der späteren zweiten Hälfte des Konzerts kehrte Tim Fite wieder zurück und begann in seinem Stil auf einem Flipchart zu malen. Als mit «Too Much» ein weiterer Höhepunkt des Abends zu Ende ging, verliessen alle die Bühne. Der darauf resultierende Applaus seitens des Publikums, welches immer noch nicht genug hatte, war immens.
Plötzlich kam eine Person mit weissem Frack und Pferdekopfmaske auf die Bühne und dirigierte ganz zum Spass aller den Fangesang ein wenig herum. Nach dieser kurzen Verschnaufpause ging das Konzert mit der ersten Zugabe «My Horse Likes You» dem Ende entgegen. Nach insgesamt drei weiteren Stücken versammelte sich die ganze Truppe und strahlte voller Erschöpfung dem jubelnden Publikum entgegen. Von dem, was sie da sahen, völlig hergerissen, liessen sich dann einzelne der Band schlussendlich noch zu einem amüsanten Stagedive hinreissen. Ein toller Konzertabend ging somit zu Ende und die Zuschauer verliessen erschöpft und glücklich das Lokal.
Setlist Bonaparte
- Anti Anti
- Do You Want To Party?
- No, I’m Against It
- Who Took The Pill
- I Can’t Dance
- Blow It Up
- Ego
- Boycott Everything
- Manana Forever
- Wash Your Thighs
- Computer In Love
- Wir Sind Keine Menschen
- Quarantine
- Fuck Money
- Too Much
Zugaben:
- My Horse Likes You
- May The Best Sperm Win
- True Enough