Kaserne – Basel
Freitag, 31. Mai 2024
Text: Michael Messerli / Bilder: Anna Wirz
Die Indie-Szene in Schottland ist eng verzahnt. Arab Strap veröffentlichten ihre beiden Alben nach der langen Pause bei Rock Action, dem Label von Mogwai; kürzlich gerade «I’m Totally Fine with It, Don’t Give a Fuck Anymore». Was wie ein programmatischer Titel anmutet, ist im Grunde genommen einfach sarkastischer Humor. Und da man in Schottland schon lange tolle Indie-Musik macht, sieht man an solchen Konzerten auch immer wieder alte Bekannte. Natürlich sind da die Hauptprotagonisten Aidan Moffat und Malcolm Middleton. Arab Strap hatten aber in der Kaserne Basel auch eine Band an ihrer Seite – mit Graeme Smillie am Bass. Ein sehr sympathischer, umtriebiger Tourmusiker, den man von verschiedenen anderen Projekten kennt und der Mensch, der Malcolm Middleton das wohl einzige Lächeln an diesem Abend entlocken konnte. Nicht, dass dieser den misanthropischen Griesgram mimte. Es ist einfach nicht seine Art.
«That’s just the way we are», kündigte Aidan Moffat entsprechend auch den letzten traurigen Song «You’re Not There» an, in dessen Mitte er den Faden verlor und ihn deshalb mit einem Lachanfall abbrach. Middleton quittierte es mit zweimaligem Schulterzucken. Zuvor aber sollte tatsächlich auch ein Song über Spass gespielt werden, einen sehr alten und sehr kurzen. Aber «The Shy Retirer» löste lediglich das mit dem Alter ein. Angefangen hatte der Abend ohne Vorband, mit dem tollen neuen Opener «Allatonceness» und der Erkenntnis: «They really, really hate Disney». Humorlos sind hier die anderen und im Zweifelsfall Nazis. In Zeiten von FOMO, FOBO und permanentem Onlinesein hatten Arab Strap keine Verbindungsprobleme mit dem Publikum, auch wenn sie lange im schummrigen Licht sowie generell wortkarg blieben. Beides wurde problemlos mit selbstentblössenden Texten kompensiert.
Bei «New Birds» hingen schliesslich alle Moffat zum ersten und nicht letzten Mal an den Lippen. Wie gross Arab Strap als Band klingen können, zeigten sie im herausragenden «Sociometer Blues» oder in Postrock-Momenten wie «Girls of Summer». Dass das neue Album nicht ganz an seinen Vorgänger heranreicht, blieb live beinahe unbemerkt. Insbesondere auch deswegen, weil Songs wie «Haven’t You Heard» alles wieder rausreissen. Es konnte niemandem der eigentlich haarsträubende Stilmix entgehen, der letztlich ja auch nur zeigt, wie wenig sich Arab Strap selber ernstnehmen, ohne dass man das Songwriting von Middleton jemals unterschätzen sollte, wie er letztes Jahr mit seinem neuen Projekt «Lichen Slow» eindrücklich bewiesen hat. Gesang wie dort wird Aidan Moffat in diesem Leben nicht mehr liefern. Aber es bleiben dafür die sprachlichen Bilder, die er sich unverblümt umhängte, sowie das, wie er nach dem ersten Song an seinem Bier nippte und kurz darauf feststellte, man sei wohl seit ungefähr 20 Jahren nicht mehr hier gewesen. Die Zeit ging weder an ihm noch am Publikum spurlos vorbei. Cheers.
Setlist [Quelle: Band]
1. Allatonceness
2. Bliss
3. Sociometer Blues
4. The Turning Of Our Bones
5. Hide Your Fires
6. Summer Season
7. Compersion, Pt. 1
8. Infrared
9. New Birds
10. Strawberry Moon
11. Haven’t You Heard
12. Dreg Queen
13. The Shy Retirer
14. Fable Of The Urban Fox
15. Turn Off The Light
16. Girls Of Summer
17. You’re Not There