Awal Records / VÖ: 17. Februar 2023 / Indie, Pop
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Text: David Spring
Zugegeben: manchmal ist es nichts anderes als das fantastische Cover einer Platte, das mein Interesse weckt. Die Künstlerin Ber ist mit ihrer EP «Halfway» ein perfektes Beispiel dafür, wie kann man bei diesem Cover nicht sofort in begeisterte Vorfreude ausbrechen? Noch viel verzückender ist dann, wenn sich die Musik dahinter als geradezu vorzüglich entpuppt.
Ber zog mitten in der Pandemie von London zurück in ihre Heimat nach Minnesota, angetrieben von einer offensichtlich eher unschönen Trennung. Die sechs Tracks auf dieser EP sind entsprechend intim und autobiographisch, und doch werden alle ihre gefühlvollen, cleveren und meistens witzigen Texte nachfühlen können. Der Titeltrack ist eine sanfte Gitarren-Nummer, die Bers zarte aber eingängliche Stimme ins Zentrum stellt. Wenn sie die Worte «And I’m fine but I’m also really not. Halfway good, halfway bad, halfway really fucking mad.” singt, fühlt man den Schmerz und die Wut mit jeder Silbe.
«Halfway» ist die ultimative Break-Up-Platte. «Superspreader» beschreibt humorvoll, wie die Sängerin inmitten ihres Umzuges über den Atlantik geghosted wurde. «Slut Phase» beschreibt die Zeit, in der man nach einer zerbrochenen Romanze wild drauf los dated, ohne Rücksicht auf Verluste oder sich selbst. Und das absolut geniale «Your Internet Sucks» ist nichts anders als pure Wut und Hass auf den verflossenen Partner, denn folgendes wünscht man nur den schlimmsten Feinden: «I don’t think that I wish you the best, in fact I wish you the worst. I hope when you think of me it really hurts and when you’re playing Fortnite I hope that your internet sucks.”
Musikalisch ist Ber irgendwo zwischen dem manchmal düsteren, aber stets tanzbaren Indie Rock von Metric und dem unbeschwerten, positiven Pop von Sigrid anzusiedeln. Ihr Gespür für grossartige Melodien und eingängige Hooks, die tolle, wandelbare Stimme und die mal intime, mal explosive Instrumentierung machen die kleine EP zu einem Genuss für die Ohren. Abwechslungsreich, kreativ und eigen – einfach gute, ehrliche Musik. Von Ber dürfen wir in Zukunft noch viel Grosses erwarten, denn die EP macht massig Lust auf mehr.