City Slang / VÖ: 13. November 2015 / Drone, Experimental, Rock
annavonhausswolff.org
Text: Michael Bohli
Vor einem Jahr erblicke ein Wesen die Welt, das nicht nur sein direktes Umfeld in eine beunruhigende Dunkelheit stürzte – und bis heute ist die Wirkung dieses Monstrums nicht abgeschwächt. Was die junge und zierliche Schwedin Anna Von Hausswolff im November 2015 mit ihrem dritten Studioalbum auf die Hörer losliess, ist ein Monolith zwischen kontemporärer Klassik, Drone-Rock und Ambient-Lärm. Die Musikerin scherte sich dabei weder in Komposition noch Ausführung um Konventionen und erreichte somit Grosses.
„The Miraculous“ nimmt bereits ab der ersten, unheimlichen Sekunde gefangen. Die Kirchenorgel thront über allen Liedern wie ein dunkler Lord und Anna Von Hausswolff zieht mit schleppenden Gesten über die kohlenschwarzen Felder. Stücke wie das eröffnende „Discovery“ oder der Mehrteiler „Come Wander With Me“ verschlingen in ihrem Aufbau viele Minuten und blättern erst spät durch alle klanglichen Aspekte. Kratzende Gitarrenriffs schleifen über die Gesänge, elektronische Bässe erdrücken einzelne Melodien – hier bewegt sich alles in einer geisterhaften Zwischenwelt.
„The Miraculous“ holt seine Energie dabei nicht nur aus fremden Schattenwelten, sondern lässt sich von der Klassik genauso inspirieren wie vom Art-Rock. Es ist dem unglaublichen Talent von Anna Von Hausswolff zu verdanken, dass ein solches Album sofort fesselt und immerzu aufgeht. Egal wie lange sich die Lieder hinziehen, egal wie lange man in der schwarzen Stille ausharren muss – immer wieder bäumt sich das Werk überlebensgross auf und bietet Gänsehautmomente. Für alle Hörer, die sich gerne abseits des Alltags bewegen, ist diese Platte immer noch ein Muss.