Hummus Records / VÖ: 7. Oktober 2022 / Pop
annaaaron.com
Text: Michael Bohli
Offensichtlich ist an «Gummy» wenig, doch unter der Oberfläche steckt Grossartiges, wie etwa die Beweise für die Songwriting-Kunst, welche Anna Aaron perfektioniert hat. Und eventuell sogar Hits, die sich in den nächsten Monaten heimlich in die Köpfe der Hörerschaft schleichen – «All God’s Good Girls» ist ein solches Stück. Nie erfüllt es Erwartungen, immer finden die Takte neue Wege und Sounds. Düster und viel Gewicht auf der Rhythmusfraktion, gleichzeitig voller Reiz. Die Künstlerin aus Basel hat einen weiteren Schritt nach vorne gemacht.
Betörend war bereits «Pallas Dreams», ihre Pop-Platte von 2019, in der Zwischenzeit hat sich Anna Aaron stärker der elektronischen Musik gewidmet, mit dem Label Bambient Soundwelten erforscht und mit Bernard Trontin von The Young Gods eine Platte aufgenommen. Dieser setzte sich bei «Gummy» an das Schlagzeug und transportierte die elektronischen Grundlagen Aarons auf das Instrument – die beiden Welten werden auf andersartige Weise verwoben. Das verleiht den elf Liedern eine spezielle Stimmung, das lässt Synthesizer, Gesang und Trommeln eine wunderbare Einheit eingehen.
Stücke wie «What The Birds Said», «Pink Lights» oder «Sleeper» sind treibend und verspielt, die ernsten Seiten des Lebens haben ihren Platz nebst den hellen Klängen und hüpfenden Melodien. Die Lieder erarbeiten sich ihren Raum, Anna Aaron reflektiert über Fragen zu Identität und das persönliche Umfeld, wandelt Trauer in Trost um und hat genügend Platz, um nachzudenken. «What You’ve Been Dreaming» setzt die Sehnsucht pointiert ein, «Double Life» ist bestimmt und schaut nach vorne. Was wir dort sehen? «Gummy» als eine der besten Platten dieses Jahres.