Band: Alt-J
Album: Relaxer
Genre: Alternative / Folk
Label: PIAS
VÖ: 2. Juni 2017
Webseite: altjband.com
Mit der ersten Ankündigung im Web in Binärcode geschrieben und dem Song „3WW“ als Teaser weckte Alt-J durchaus Erwartungen und unterstrich auch die nerdige Seite der Jungs aus Leeds. Das Mitte 2017 erschienene Album „Relaxer“ ist ihr drittes, nach „This Is All Yours“ (2014) und „An Awesome Wave“ (2012).
Alt-J sind nicht leicht zu greifen, der Opener „3WW“, getragen und angeführt von einer feinen und leisen akustischen Gitarre bleibt trotz einsetzendem tiefem Bass, rhythmischen Spielereien, verzerrten Geräuschkulissen und Synthsounds ein sehr ruhiger Einstieg. „Cold Blood“ rumpelt da schon mal ein wenig mehr, diesmal mit Bläsersätzen mit nicht ganz einfachen, aber wirklich grossartigen Harmonien und vielen elektronischen Klängen im Vordergrund. Die wechselnden – und angenehmen, aber durchaus herausfordernden – Beats lassen dem Hörer nur wenig Zeit zum Ausruhen.
Der Folk-Klassiker „House Of The Rising Sun“ ist sehr ruhiges, melancholisches, in sich gekehrtes Stück, das auf keinen Höhepunkt hinsteuert, das aber auch gar nicht will. Direkt darauf folgt mit „Hit Me Like A Snare“ ein punkiges Schlagzeug, unzählige Layer von verzerrten Sounds, im Hintergrund kreischende Geräusche. Das Ganze wird von rohen Surf-Gitarren zusammengehalten. Zusammen mit den sich origamimässig überschneidenden, mehr gesprochenen als gesungenen Vocals bleibt der erste Eindruck auf dem Sechziger-Surfsound haften, ohne jedoch nur abgekupfert zu sein. Es scheint viel mehr als eine Neuinterpretation davon.
Die einfache, aber treibende Basslinie bei „Deadcrush“ schlägt schön durch und hebt einen das erste Mal aus der Melancholie heraus, um dann durch „Adeline“ direkt in die Düsterheit zurückversetzt zu werden. Aber was sich dann in diesem Song eröffnet, steigert sich zum Höhepunkt des Albums. Sensible Gitarren, der Beat nur am Rande, sich der Traurigkeit hingebend, immer grösser werdende Sounds und Vocals, die sich mit viel Atmosphäre in etwas hineinsteigern, um dann wieder in sich zusammenzufallen. Dann kumuliert sich alles zu einem treibenden Beat und unglaublich opulenten Sound – definitiv Gänsehaut und sicher der Höhepunkt des Albums.
Ruhig, normal, einfach – obwohl es nicht simpel ist. „Last Year“, eigentlich ein wunderschöner Folksong, jedoch ohne Hitambitionen und -potential: Die grösste Überraschung des Liedes ist die helle und schöne Stimme der Gastsängerin Ellie Rowsell von Wolf Alice. Obwohl die Traurigkeit bleibt, drückt die Sonne dank ihrem Gesang doch noch ein wenig durch die graue Wolkendecke. Gigantesk, man glaubt sich fast in einer Oper wiederzufinden, macht „Pleader“ den Abschluss von „Relaxer“.
Es ist alles da, was man von Alt-J kennt. Ihr elektronisch angehauchter Post-Folk ist nicht einfach zugänglich, nicht einfach zu verstehen. „Relaxer“ ist experimentell wie eh und je, aber selten so greifbar ausformuliert wie die beiden Vorgänger. Ein 40 Minuten langes, schönes Stück Musik, aber bei weitem nicht entspannend, sondern fordernd. Man darf durchaus gespannt sein, wie Alt-J dies auf ihrer akutellen Tour umsetzen werden.
Tracklist:
1. 3WW
2. In Cold Blood
3. House of the Rising Sun
4. Hit Me Like That Snare
5. Deadcrush
6. Adeline
7. Last Year
8. Pleader
Bandmitglieder:
Joe Newman – Gesang, Gitarre und Bass
Thom Sonny Green – Schlagzeug
Gus Unger-Hamilton – Keyboard und Gesang
Gründung:
2007
Text: Mischa Castiglioni