30. August 2019
Wenk – Aarau
Bands: Emilie Zoé / Catalyst / MoJo Daniel / Kush K / Old Boots Skanking
Nach der unglaublich gelungenen Premiere des Festival am Gleis vor einem Jahr konnte man es kaum erwarten. Das kleine feine Festival hinter den sieben Gleisen des Bahnhofs Aarau machte schon bei der Ankündigung mit seinen tollen Acts viel Lust. Nebst dem freute man sich auch auf das gemütliche Ambiente, welches das Festival schon in seiner ersten Ausgabe so unvergesslich machte. Als man in diesem Jahr um die Ecke des Wenk trat, traute man seinen Augen kaum. Was für ein wundervolles Gelände, wie viel Arbeit und Herzblut der 3 Vereine „Barracuda“, „Jamamara“ und „Vielfalterei“ und all den Helferinnen und Helfer da drin steckt. Wehende Tücher, Fahnen, die Piratenflagge gehisst. Hochbeete, gemütliche Sitz- und Liegegelegenheiten im Schatten, in der Sonne, in der grossen Runde rund ums Grillfeuer oder im eigens erstellten Häuschen. Von der ersten Sekunde an fühlte man sich wohl und glücklich und wähnt sich weit weg von hektischen Stadt die zu diesem Zeitpunkt noch mit oder gegen den Feierabendverkehr ankämpfte.
Zusammen mit dem Feierabendbier der ersten Besucher machten sich die Jungs von Old Boots Skanking mit ihren Reggae-Beats ans Werk. Das Wetter passte ja vorzüglich, die Sonne war noch angenehm warm, die Schuhe wurden ausgezogen und auf der Wiese vor der Bühne wurde langsam aber sicher zur Multikultitruppe aus Aarau mitgewippt und mitgetanzt.
Pünktlich zum Sonnenuntergang folgten Kush K aus Zürich mit ihren mysteriösen und sphärischen Klängen, singenden Gitarren, noch viel mehr Synthflächen und betörendem Gesang. Entspanntes Tempo war angesagt, aber immer mit würzigen und tanzbaren Grooves und wunderschönen Harmonien. Kush K hinterliessen mächtig Eindruck und waren genau richtig um sich vom Tag zu verabschieden und die bevorstehende lange (Tanz-)Nacht willkommen zu heissen.
Es nannte sich „Entspannung mit Film“. Aber so schnell konnte man gar nicht ins innere des Wenk wechseln. Schlag auf Schlag ging es weiter mit dem Kurzfilm „Idiotikon“ von und mit Gianni Keller, der mit Dimi, dem Besitzer DES Plattenladens von Aarau, in dessen seit 30 Jahren nicht mehr besuchte Heimatstadt in Italien fährt. Eine Geschichte die das Leben schreibt. Ohne Drehbuch, ohne doppelten Boden.
Und genau so Mojo Daniel. Geschichten aus dem Leben, Rock’n’Roll mit akkustischer Gitarre und Gesang. Wie die Finger über das Griffbrett flitzen und die Akkorde erklingen liessen, wie seine Stimme das Wenk füllte. Wunderbar schön zuzuhören und Songs der „Vibes“ zu erleben, die sonst nicht gespielt werden. Cleverer Schachzug Mojo.
Emilie Zoé auf der Aussenbühne. Eigentlich muss Aarau für die Neuenburgerin fast so etwas wie ein Heimspiel sein. Zum wie vielten mal war sie in da? Eben. Und es hat auch seinen Grund, wieso sie ab und zu mal hierher eingeladen wird. Es war grandios, sie und Nicolas Pittet am Schlagzeug nach den grossen Bühnen dieses Sommers am knuffigen Festival am Gleis wiederzufinden, wiederzusehen und zu hören. Noise Rock vom feinsten. Die mitreissenden Songs, der Druck, die Kraft, die Dynamik, die Emotionen, die Freude, die Wut (bei der man bisweilen fast ein wenig Angst vor ihr kriegt). Denn die Musik von Emilie Zoé ist brutal. Und brutal gut!
Noch etwas lauter wurde es (vielleicht auch weil langsam aber sicher eng war im Innern des Wenk) mit Catalyst. Schlagzeug. Gitarre. Gesang. Da wurden die Trommeln gewirbelt und die Gitarre malträtiert. Fadengerade, ohne Schnörkel und trotzdem und gerade auch vom Gesang in schwebende Höhen getragen. Stromgitarrenmusik mit der man einfach abging, bevor das Barracuda DJ-Team noch auch noch einige 7-Inches zückte um die Nacht zu feiern.
Was für eine wunderbare Spielwiese für all diejenigen die der Musik frönen das Festival am Gleis geworden ist. Was für ein schönes Stück Stadt, die sonst brache Wiese hinter dem Wenk geworden ist. Bleibt dran, liebe Heldinnen und Helden, die ihr das möglich gemacht habt. Wir freuen uns auf nächstes Jahr, in meinem Kalender ist das letzte Wochenende im August 2020 für euch reserviert.
Text: Mischa Castiglioni
Fotos: Franziska Küng und Désirée Graber