19. April 2019
Kaserne – Basel
Bands: Conan / Sons Of Morpheus / Unhold / Thron / Krane / Songs For An Eye
Bereits zum vierten Jahr in Folge besuchte der Czar-Man die Erde und besetzte dazu die Kaserne in Basel für das Czar Fest, dieses Mal mit besonders intensiven Überraschungen. Denn was in den vorangegangenen Jahren als Feier des in Basel heimischen Czar Of Crickets Labels getarnt wurde, das entpuppte sich an diesem Karfreitag als Würdigung der galaktischen Eroberungen. Der extraterrestrische König übernahm den Rossstall nicht nur mit seinen Tentakelschönheiten, er präsentierte nebst den menschlichen Götzenbildern seine Trophäen aus fernen Sternbildern. Sezierte Wesen, abgeschlagene Köpfe, umfunktionierte Pranken – da würde der Predator neidisch.
Inmitten all diesen Absurditäten durfte der ehemalige Zatokrev-Schlagzeuger Frédéric Hug alias Songs For An Eye auf den Abend einstimmen. Für einmal war er jedoch bewaffnet mit einer akustischen Gitarre, getreu seinem Album „Innocence & Experience„. Seine düsteren Folkklänge schwebten durch den stillen Raum und gaben den Texten des englischen Dichters William Blake ein musikalisches Gefäss: Inspirierend und verträumt, dunkel und zerbrechlich.
Die Eröffnung der Hauptbühne gehörte an der vierten Ausgabe des Czar Fests der Basler Band Krane, die ihren Auftritt im Jahr zuvor leider absagen musste – das heutige Konzert war dafür umso wuchtiger. Laut, dröhnend und schon beinahe cineastisch präsentierte sich ihr Post-Metal, neues Material und Tracks von „Pleonexia“ flossen ineinander. Die schleppenden Gitarrenrhythmen wurden immer wieder überlagert von zarten Melodien, ohne dass die Soundwand aber jemals durchbrochen wurde. Wie aus einem Traum erwacht schaute man sich verwundert um, als nach geschlagenen zwanzig Minuten des Versinkens der erste Moment für Applaus gekommen war.
Was danach kam, glich zunächst einem Stilbruch sondergleichen: Von schwarzen Tüchern verhüllte Köpfe, Kronen, Corpsepaint und jede Menge böses Gepose. Musikalisch bewegten sich Thron aus Deutschland im Death Metal mit starkem Black-Metal-Einfluss, aber auch einigen Heavy-Metal-Allüren. Ungefähr so stelle ich mir eine Zeitreise in die Szene der 1990er vor: Da war nichts poliert, der Sound kam roh, wild und dreckig daher. Eingezwängt zwischen den langsamen, schleppenden Rhythmen von Krane und Unhold war der konstante Doublebass für manche die willkommene Abwechslung, für andere doch eher schwer zu verarbeiten.
Genau um diese Vielfalt und Abwechslung ging es am Czar Fest schon immer. Hier treffen Welten aufeinander, die sich kennen sollten, hier werden neue Visionen kreiert. Die Szene ist flüssig, die Grenzen sind niedergerissen. Ein grosser Teil davon war auch Verdienst von Unhold, welche mit ihrem Dampfwalzen-Sound aus Bern die Rheinstadt erdrückten. Sludge und Post-Metal, Keyboard und Gitarren, Geschrei und Emotion – „Here Is The Blood“ ist immer noch eine Pracht und dunkle Offenbarung.
Staubiger und tiefer im wilden Westen verankert ging es danach mit Sons Of Morpheus aus Basel zu und her. Das Trio liess ihren hitzigen Psychedelic-Blues-Rock vom Stapel und ehrte damit jedes Brett in der Kaserne, ganz gemäss ihrem neusten Werk „The Wooden House Session„. Hier wurden die Riffs an die Decke geworfen, da duellierten sich Schlagzeug und Bass. Und inmitten des Getümmels: Der mächtige Czar-Man, mit seiner schwarzen Kutte und den leuchtenden Händen. Er liess sich, um seine Überlegenheit zu beweisen, während dieser Show live tätowieren.
Da mussten sogar Barbaren klein beigeben, wobei sich Conan weit entfernt von den aufgepumpten Muskeln gewisser Schauspieler bewegten. Zu dritt wurden Blitz und Donner in den Stall gebracht, mit unglaublicher Wucht und starkem Druck. Tief gestimmte Saiten, eindringlicher Gesang – dieser Doom Metal lebte von den Gegensätzen und lockte so zum Ende dieser Konzertreihe auch den scheuesten Headbanger an die Show.
Laut, wild und genüsslich gut – der erste Abend des diesjährigen Czar Fests war vielleicht voller Kontraste, deswegen aber nicht weniger gelungen. Wer benötigt da schon alte Märchen aus staubigen Büchern und zuckrige Tierchen?
Text: Cornelia Hüsser & Michael Bohli
Bilder: Anna Wirz