6. April 2019
Schüür – Luzern
Bands: Crippled Black Phoenix / Soft Kill / Fotocrime
2016 wurde das Projekt Fotocrime von Ryan Patterson im Amerika ins Leben gerufen. Im letzten Jahr erschien das Album „Principle Of Pain”.
Die imposante Gestalt mit der schwarzen Sonnenbrille und tiefer Stimme war mehrheitlich von dichten Nebelschwaden umgeben. Was ausgezeichnet zu dem düsteren Sound passte. Ryan spielte auf einer halbakustischen Gitarre eindrückliche Licks und epische Akkorde, die den elektronischen Dark Wave aus den Computer optimal ergänzten.
Die Musik der One-Man-Show weckte die Schüür zum Leben. Mit „Gods In The Dark“ sorgte Fotocrime für einen grandiosen Moment. Nicht nur bei diesem Song zog der Musiker mit zahlreichen Gesten und purer Leidenschaft das Publikum in seinen Bann. Zum Schluss wurde Ryan mit einem verdienten und herzlichen Applaus von der Bühne entlassen. Offenbar war nicht nur ich beeindruckt.
Soft Kill aus Portland durften als zweiter Act spielen. Das Quartett war live ein Wucht, der druckvolle melodische Dark Wave brachte schnell die Zuschauer in Bewegung. Mastermind, Sänger und Gitarrist Tobias Grave führte die Truppe an. Bei der letzten Show, 2017 im Gaswerk in Winterthur, war noch kein Schlagzeuger dabei. Sein Spiel belebte den Sound deutlich und machte ihn lebendiger.
Im nächsten Jahr feiert das Projekt sein 10-jähriges Jubiläum, die Erfahrung und das Handwerk aus zahlreichen Shows liessen ein genussvolles Konzert entstehen. Das Spiel aus Musik, Licht und Nebel sorgten für eine dunkle schöne Atmosphäre. Irgendwann während des Konzertes dachte ich mir, Soft Kill sind bereit für grössere Shows in Europa. Wenn ich die Reaktion des Publikums in Betracht zog, dann sprach nichts dagegen. Also, liebe Veranstalter der dunklen Szene, habt den Mut und verpflichtet die grossartige Band aus Amerika.
Und nach dem wavig-post-punkigen Einstieg in den Abend gab es schliesslich ordentlich auf die Ohren – denn die Briten von Crippled Black Phoenix live zu sehen bedeutet, sich von nicht weniger als acht Leuten auf der Bühne beschallen zu lassen.
Den Einstieg machten sie auch gleich mit dem fast zehnminütigen Kracher „To You I Give“ vom neuen Album „Great Escape„. Es hat immer etwas Andächtiges, diesen ausufernden Stücken zu lauschen; die sanften Einstiege mit Klavierklängen, das allmähliche Dazukommen der Gitarren, und dann, nach minutenlangem Schweben, der Absturz in Dunkelheit und Lärm. Oft ist die Musik auch Verarbeitung bedrückender Emotionen oder Gedanken, gerade wenn Sängerin Belinda Kordic sich mit „Nebulas“ für unseren Umgang mit Tieren entschuldigt oder Justin Greaves sich der Aktualität von „We Forgotten Who We Are“ bewusst wird („Those who cannot remember the past are condemned to repeat it“ – „Wer sich nicht der Vergangenheit entsinnen kann, ist verdammt, sie zu wiederholen“).
Crippled Black Phoenix jedenfalls erinnerten sich an ihre eigene Vergangenheit und spielen nicht nur Songs des aktuellen Albums, sondern streuten auch immer wieder ältere Stücke ein. Sogar ihr Pink-Floyd-Cover „Echoes“ fand Platz an diesem Abend, sichtlich zur Freude des Publikums und eines hervorragenden Gitarristen. Diese Band ist rockig, jazzig, progig, episch und emotional. Eine Livewucht, wie man sie selten erlebt – und dabei so bescheiden und herzlich, dass man ihnen noch viele weitere Stunden zuhören möchte.