26. Oktober 2018
Kaserne – Basel
Band: Evelinn Trouble
Ach die Zeit, das menschenerdachte Konstrukt der Wahrnehmung – was verursacht dieses nicht immer wieder für Komplikationen. So sah mein Programm am Freitagabend schlussendlich ziemlich anders aus, als im Vornherein geplant. Denn was eigentlich als Berichterstattung über eine frische und wilde Frauen-Band aus Dänemark angedacht war, endete dank Verschiebungen und längeren Spielzeiten ohne wirkliche Begegnung mit dem Trio. Doch die hiesige Musikszene ist genügend stark um ein solches Missglück zu überklingen – besonders, wenn die singende Dame Evelinn Trouble heisst.
Die aus Zürich stammende Sängerin hat schliesslich in jeder Station ihrer Karriere bewiesen, dass sie weder alltägliche Musik noch konventionelle Wege beschreitet. Und nein, damit ist nicht der Zugsprung gemeint, sondern ihr Umgang mit Pop, Rock und allgemein der Form. Auf der diesjährigen EP „Hope Music“ kommt Evelinn Trouble zwar als Heilbringerin der alternativen Popmusik daher, live bröckelte aber auch diese Fassade bereits wieder. Mit voller Band betrat sie die Bühne in der Kaserne und stürzte sich ohne grosse Zweifel in ein Set voller Gegensätze.
Das zeigte sich bereits in ihrem Aufzug – zuerst mit Tuch über dem Kopf, schlussendlich aber doch nur mit offenherzigem Top und Trainerhose bekleidet, ein Wandel zwischen den Aussagen. Das unterstrich sie mit ihrem ausdrucksstarken Gesang, den unvorhersehbaren Bewegungen und den Ansagen. Ihre drei Musiker nahmen dies als Vorlage und mischten mit Schlagzeug, Synthesizer und Saxophon Rock, Lo-Fi und leichte Psychedelica zu einem Fluss aus Klang und Rauschen. Schon fast selten wurden die Lieder von Evelinn Trouble mit der Gitarre ergänzt, bis zu der alleinigen Darbietung von „Ring Of Fire“.
Ein obskurer Moment, der sich wie auch das Cover eines Songs von Drake zwar wie ein Fremdkörper im Konzert anfühlte, aber die Narrenfreiheit von Frau Trouble noch einmal unterstrich. Ja, hier wird gemacht, was die Kunst erlaubt, nicht was sich „gehört“. Mein Vergleich zum Popstart Lady Gaga wurde auf darstellende Weise also erneut bestätigt, was ganz klar ein Kompliment ist. Denn der Auftritt in Basel war zwar nicht immer überragend, aber selten langweilig und immer anders.
Auch weil sich erneut gezeigt hat, dass die kompositorischen Fähigkeiten von Evelinn Trouble mit Liedern wie „Hope Music“ oder „Prison“ ein neues Hoch erreicht haben. Zum Glück gibt es bald neues Material. Da spielte es schlussendlich wie keine Rolle mehr, fuhr mein Zug durch die Nacht, bevor ich lautes Gitarrengeschrei und wildes Rockgehabe vernehmen konnte.
Text: Michael Bohli