1. Oktober 2018
Im Gespräch mit: Nicolas Przeor (Gitarre und Gesang) von Mutiny On The Bounty.
Seit 2004 segeln Mutiny On The Bounty von Luxemburg aus durch die wilden Gewässer des experimentellen Math-Rock und haben mit bisher vier Alben dafür gesorgt, dass so mancher Kopf durcheinandergewirbelt wurde. Denn die Gruppe mischt nicht nur frech komplexe Strukturen, harte Ausbrüche des Hardcore und Stimmungen des Indie, sondern überrascht immer wieder mit neuen Einfällen und einer tollen Direktheit.
Schon etwas länger ist es im Bandumfeld eher ruhig geworden, umso besser also, wird die Truppe am Samstag die Bühne des Dynamo erobern und einige Kutter kapern. Schnallt euch an und vergesst die Kekse nicht!
Mehr Informationen zum Bergmal Festival, welches vom 19.-20.10.2018 stattfindet, findet ihr hier. Tickets gibt es bei Ticketino.
Michael: Bei meinem Besuch in Luxemburg hatte ich den Eindruck, dass das Land der Schweiz sehr ähnlich ist. Was denkst du?
Nicolas: Ich schätze, dies ist in vielerlei Hinsicht der Fall. Aber ihr habt die Schokolade und Berge. Luxemburg ist ein ziemlich kleines Land, viel kleiner als die Schweiz, mit verschiedenen Amtssprachen und verwurzelt in der deutschen und französischen Kultur. Es ist ziemlich konservativ, leise und extrem sauber. Ich schätze unsere Mentalität deren von leidenschaftlichen Menschen ähnlich, aber manchmal sind wir zu schüchtern, um Gefühle zu zeigen. Und natürlich sind wir von einer Landschaft umgeben, die meiner Meinung nach der Schweizer ziemlich ähnlich ist – ein Gefühl der Verbundenheit mit der Natur.
Math-Rock zu spielen ist etwas ganz Besonderes, aber auch seltsam. Sind die Leute manchmal an euren Shows schockiert?
Ich weiss nicht, wir sind eigentlich kein Math-Rock mehr. Ausserdem beziehen wir gerne alle mit ein, wenn wir spielen. Wir wollen nicht etwas sein, das nur „Kenner“ geniessen würden. Wenn man jünger ist, will man Teil einer exklusiven Szene sein, 15 Jahre später wollen wir originelle Musik machen, die mit jedem spricht. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der bei unserer Show völlig schockiert war, wir mögen Grooves und Tanzen und wir spielen fast immer im 4/4-Takt. Es ist nur so, dass uns manchmal Leute seltsame Dinge sagen, wie zum Beispiel: „Ich mag es, aber es gibt zu viele Noten“ oder „es ist cool, aber es gibt zu viel Gitarre.“ Dann denke ich, dass unsere Mission erfüllt ist. Schlussendlich bedeutet es nur, dass wir die Dinge anders machen.
Was hört ihr euch denn privat an?
Um ehrlich zu sein so viele Dinge, dass wir alle in der Band unterschiedlich sind. Sacha, unser Drummer, ist ein grosser Hip-Hop- und Michael-Jackson-Fan. Er ging von Old-School-Hip-Hop zu Childish Gambino oder Tyler the Creator. Clement interessiert sich mehr für Rockmusik: Schellack, Future of The Left – er liebt kantige Gitarren. Ich persönlich liebe seltsamere Rockmusik und direkten Indie. Alles von Dan Deacon zu Pavement, Battles und so weiter. Aber ich schätze, du wärst überrascht zu erleben, was wir uns im Bus anhören.
Das Album „Digital Tropics“ erschien 2015. Arbeitet ihr an neuer Musik?
Ja, aber wir nehmen uns immer viel Zeit, zumal die „Digital Tropics“-Tour ziemlich lang war und wir während der Tour nicht schreiben. Und in der Zwischenzeit hatten einige von uns Kinder und neue Verantwortlichkeiten im Leben. Aber ja, wir arbeiten im Moment daran.
Ihr spielt sehr viel live. Welches war denn das bisher beste Konzert?
Das ist schwer zu sagen, besonders da ein Grossteil immer sehr unterschiedlich ist. Aber ja, nach China und Japan zu reisen war etwas Besonderes. Und ich finde, am Roskilde Festival zu spielen war ziemlich umwerfend. Es war unser erstes richtig grosses Festival, das wir jemals ausserhalb Luxemburgs gespielt hatten und wir traten während Bruce Springsteens Show auf. Es kamen trotzdem viele Leute vorbei, die uns gerne sehen wollten. Das letzte Mal, als wir am Primavera Festival spielten, war es auch wild – mit Tausenden von Leuten, die beim Spielen verrückt gingen.
Ein Wal ist das Maskottchen des Bergmal Festivals. Welches Tier wäre perfekt, um eure Musik zu repräsentieren?
Ich weiss nicht, etwas, das ziemlich unberechenbar und ruhig zugleich ist. Eine Mischung aus einem wilden Pferd und einem Faultier – ein Faulpferd (Slorthse), wenn man so will.
Werdet ihr auch an den anderen Shows und Konzerten des Festivals teilnehmen?
Ooooooooh ja, Jaga Jazzist ist eine der besten Live-Bands der Welt, das ist sicher!
Welche Bands und Künstler sollte man sich nicht entgehen lassen?
Wie ich es bereits gesagt habe: Jaga Jazzist. Auch Toundra sind grossartige Jungs und eine Killer-Live-Band – und thisquietarmy.
Was verbindet Mutiny On The Bounty mit Zürich?
Nicht so viel, um ehrlich zu sein. Wir haben die Rote Fabrik vor einiger Zeit bespielt, das ist schon lange her, es war alles in allem aber ein ziemlich angenehmer Abend. Wir haben viel in der Schweiz gespielt und wir lieben es, hier zu sein. Wir sagen immer, dass wir nur in der Schweiz touren möchten – das Essen ist fantastisch, die Fahrten sind ziemlich kurz und die Leute cool.
Wie klingt Post-Rock und was folgt danach?
Post-Rock ist für mich die Musik der Seele. Du musst nichts über Musik wissen, um sie zu geniessen, sie fliesst einfach mit dir und nimmt dich auf eine Reise mit. Nun, Mogwai sagten es besser als ich: „Musik ist grösser als Worte“. Was danach folgt, ist etwas anderes. Aber ist Rock nicht ein bequemer Ort, an dem man im Grunde genommen alle Codierungen kennt und es geniesst, sich zu entspannen? Eine Art Grossmutter, die euch Kekse backt, während ihr euch Weihnachtsfilme anseht.
Vielen Dank für eure Zeit und Musik.
Interview: Michael Bohli